Die Big 5 des itSMF – Rückblick auf den Jahreskongress 2015

Ein Rückblick auf den itSMF Jahreskongress 2015. Meine Gedanken zur vorgestellten Strategie des itSMF für 2016 und über den Gewinner des Projektawards.


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Zwei Tage stand Weimar ganz im Zeichen des IT-Service-Managements.  Wenn Du dabei gewesen bist, dann hast Du einen perfekt organisierten Kongress erlebt.

Eröffnet wurde er durch den Vorstand mit der Bekanntgabe der „Big 5“ – den fünf Topthemen, mit denen sich der Verein im nächsten Jahr beschäftigen möchte. Was für den Safari-Touristen in Afrika Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard sind, sind für den itSMF e.V.:

  • Internet of Things (IoT)
  • Veränderung
  • Sourcing
  • Effizienz
  • Cyberdefence

Mmh – Ich bin wie immer ehrlich: Vom Hocker haut mich das nicht. Für mich gehen einige der Themen an den Problemstellungen, die ich im Alltag sehe, vorbei.  Was meinst Du dazu?

Was zählt wirklich?

IoT und Cyberdefence haben sicher eine hohe Relevanz, aber sind an anderer Stelle schon abgedeckt. Auch ist IoT wohl für einen großen Teil der Anwendungsunternehmen einfach nicht relevant. Oder übersehe ich da etwas?

Die IT in den Unternehmen steht vor einem grundlegenden Wandel. Aus einer Betriebsorganisation soll sich eine Service-Broker-Organisation entwickeln.

Martin Andenmatten sprach in seiner Keynote am Abend von den glorreichen 7 – sieben komplett neue Rolle, die wir für die Aufgaben benötigen.

Aus meiner Sicht ist es eine dringliche Aufgabe, die Ausbildung im IT-Bereich zu revolutionieren. Wir brauchen Menschen, die sich den Herausforderungen stellen wollen und können. Diese brauchen ganz andere Fähigkeiten und ein ganz anderes Wissen, als das, was an vielen Hochschulen heute vermittelt wird.

Wer kümmert sich darum? Wer sorgt für eine gewisse Standardisierung der Anforderungsprofile? Wer redet mit den Hochschulen und der IHK? Wer geht denen solange „auf die Nerven“ bis sich etwas ändert? Wer bietet eine Plattform für die Dozenten? Wer konsolidiert das Wissen, bereitet es auf und stellt es zur Verfügung?

Das gehört zu meinen Top 5 Prioritäten im Service-Management.

Das Thema Veränderungen geht in die richtige Richtung. Denn der beschriebene Wandel ist ein Veränderungsprozess und diesen darf Deine Organisation begleiten und steuern. Dazu gab es zwei wunderbare Vorträge auf dem Kongress. Einmal von Ralph Wellmann, Berater bei der ITSM Group, und Michael Hagemann von Deutsche Post DHL.

Beide haben interessante  Werkzeuge für die Steuerung des Änderungsprozesses vorgestellt. Der Beitrag von Michael Hagemann war für mich doppelt interessant. Ich habe von 2003 bis 2006 für die Deutsche Post gearbeitet. Und zwar genau in der Organisationseinheit, die er in seinem Vortrag als Beispiel genommen hat.

Damals gab es auch eine große Veränderung. Nur wurde diese nicht durch ein Change-Projekt begleitet. Es ist für mich interessant zu sehen, wie sich das verändert hat. Ich habe ihn auf jeden Fall in den Podcast eingeladen und wir werden hoffentlich nächstes Jahr ein Interview mit ihm hören.

Das nächste Thema ist Sourcing. Für mich ein ganz wichtiges! Allerdings tauchte auf den Folien der Begriff agiles Sourcing auf. Das regt bei mir Widerstand – zwei Buzzwords.

Agilität bedeutet in meiner Welt, dass wir das Ziel eines Vorhabens und den Weg dahin nicht genau kennen können. Beim Sourcing sollte ich schon wissen, was ich möchte, oder?

Auch überzeugen mich Punkte wie standardisierte Prozess und Verträge, Bausteine für Servicekonzept, hohe Vergleichbarkeit oder einfacher Wechsel der Serviceprovider nicht!

Aus Sicht der Serviceprovider schon! Die wollen nach Standard produzieren, weil sie nur so die gewünschten Margen bei gleichzeitig niedrigen Preisen erzielen können.

Für den Kunden ist das gefährlich! Du und Deine Organisation sind individuell und diesem sollte ein guter Provider Rechnung tragen! Dazu empfehle ich Dir den Podcastfolge 16 (nachlesen Teil 1 / Teil 2). Dort spreche ich darüber, warum Outsourcing scheitert.

Passend dazu hatten wir in der Birds of a Feather Session von Carsten Bliessen die einhellige Meinung, dass der Provider zum Lieferanten werden darf. Heute lassen wir uns vielfach von unseren Providern die Bedingungen diktieren. Wir nehmen das Standardangebot mit dem Standard-SLA.

Wird der Provider zum Lieferanten (Supplier), dann läuft es andersrum. Wir „diktieren“ (bitte in Anführungsstrichen) die Bedingungen und bekommen die Leistungen, die wir wirklich benötigen. Höre einfach mal in Folge 16 rein.

Bei der Effizienz geht es um höher, schneller und weiter. Die Effizienz hat im Sinne des itSMF drei Dimensionen: Technologie, Methoden und Organisation. Das itSMF möchte dabei die unabhängige Instanz werden, um die Zusammenarbeit über Grenzen der einzelnen Organisation zu ermöglichen.

Natürlich dürfen wir automatisieren. Wäre Innovation nicht besser? Oder was ist mit Effektivität? Was meinst Du?

Ich bin gespannt, wie sich die Themen mit Leben erfüllen. Wer mitarbeiten möchte, der schreibe eine eMail an info@itsmf.de.

Was bei den Awards schief ging

Zum Schluss noch ein Wort zu den itSMF Awards. Der Gewinner ist in diesem Jahr die HUK-Coburg. Jeder der vier Kandidaten stellte sein Projekt an dem Abend kurz vor. Mehr kenne ich auch nicht von den Projekten und daher ist die folgende Meinung wie immer sehr subjektiv.

Die HUK schrieb auf Ihre Folie: „Die Zeit war reif, die gewachsene Toollandschaft durch eine neue, zukunftsweisende Architektur zu ersetzen – bereit für zukünftige Prozessweiterentwicklungen.“

Das heißt, es hat, mal wieder, ein Projekt gewonnen, in dem es um ein Tool geht. Das verstehe ich nicht! Die Einführung eines Tools oder wie in diesem Fall die Vereinheitlichung eines Tools ist auf jeden Fall eine Leistung. Aber die anderen Projekte haben aus meiner Sicht viel mehr geleistet:

Die Siemens hat es geschafft, seine ganzen Provider und Supplier so zu integrieren, dass es aus Sicht des Benutzers ein einziges Interface gibt, über das alle Leistungen abgerufen werden können. Es herrscht ein hoher Grad der Automatisierung und alles ist in fünf Sprachen verfügbar.

Ok, auch ein Tool, allerdings ist das Umfeld wesentlich komplexer als bei der HUK. Allein schon der Ansatz, Provider zu steuern über automatisierte Prozesse, hebt sich enorm ab gegenüber der Integration von den üblichen fünf ITSM-Prozessen in einem neuen Tool.

Die ITEMS hat in den letzten 18 Monaten die komplette ITSM-Organisation, Prozesse und Technologien überarbeitet. Betroffen davon waren 50 Kunden mit 6.000 Nutzern. Die ITEMS ist IT-Dienstleister für die Energiewirtschaft  und ÖPNV. Das ganze wurde als agiles Projekt angelegt und auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet.

Die BWI Informationstechnik GmbH hat in ihrem Projekt eine Methodik entwickelt, um standardisiert IT-Services zu entwickeln und im kompletten Lebenszyklus zu steuern. Klingt fürchterlich interessant und ich würde es mir mal gern in der Praxis ansehen. Am zweiten Tag gab es dazu noch eine detaillierte Präsentation, die bei mir nur wenige meiner Fragen beantworten konnte.

Was ich faszinierend finde, ist, dass sich ein Provider wirklich methodisch damit beschäftigt, wie er sein Leistungsangebot entwickelt und pflegt. Das finde ich spannend.

Ich kenne die eingereichten Projektunterlagen nicht, ich kenne die Bewertungskriterien des Vorstands nicht, aber ich habe mit einigen Teilnehmern gesprochen und wir alle haben nicht verstanden, warum das Projekt der HUK gewonnen hat. Aus meiner Sicht gab es innovativere Bewerber.

Mein Wunsch an den itSMF: Gestaltet die Bewertung transparent. Bezieht die Mitglieder oder Kongressteilnehmer mit ein. Sonst bleibt immer ein fader Beigeschmack!

Für mich das Beste am Kongress war der persönliche Austausch mit den anderen Teilnehmern. Das Treffen mit Menschen, die ich den Rest des Jahres meist nur via eMail, Slack oder Skype erreiche. Und das Kennenlernen neuer Menschen. Besonders spannend war, dass ich einige meiner Leser bzw. Hörer kennenlernen durfte. Das finde ich toll.

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Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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