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2 Rollen, ohne die Du keine guten IT-Services erbringen kannst (inkl. Stellenbeschreibung)

Ohne die richtigen Menschen in den richtigen Rollen, werden die besten Services und Prozesse nicht funktionieren. Wir sprechen heute über zwei dieser Rollen: Service Manager und Service Owner sind so wichtig für Deine IT-Services sind. Sie an zwei ganz wichtigen Schnittstellen in Deiner Organisation. Sie sind Integrator und Gate Keeper gleichzeitig.


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Ausgangspunkt für diese Folge ist die eMail-Diskussion mit Bernd. Wir haben über die Rolle des Service Managers diskutiert. In der letzten Folge haben wir über die Organisation der IT im Unternehmen gesprochen. In dieser habe ich zwei Rollen aufgeworfen: Service Manager und Service Owner.

Und genau hier möchte ich mit Dir weiter diskutieren.

Inhaltsverzeichnis

Was mich überrascht hat: Die Rolle Service Manager gab es weder in ITILv2 noch gibt es sie in der aktuellen Version der v3. Irgendwie hat sich der Begriff allerdings sehr festgesetzt. Das kommt wahrscheinlich davon, dass was heute ITIL Expert als Zertifizierung heißt, bei ITILv2 der Service Manager war.

Und wer arbeitet?

Funfact am Rande: ITILv3 hat 37 Manager Rollen definiert. Falls ich das richtig gezählt habe. Viel Spaß bei der Besetzung.

Auch bei FitSM gibt es diese Rolle nicht.

Schaust Du Dir ein paar Stellenausschreibungen im Internet an, so wirst Du sehen, dass es ein ganz unterschiedliches Anforderungsprofil an einen Service Manager gibt. Ganz klar, jeder baut sich sein Profil aus den vielen Rollen zusammen.

Das ist gut so. Ich möchte heute meine Sicht mit Dir teilen und in die Diskussion darüber einsteigen. Warum? In meiner Welt sind die zwei Rollen Service Manager und Service Owner wichtig.

Es geht einmal um die Verantwortung für den Kunden und einmal um die Verantwortung für den einzelnen Service. Beide Aufgaben scheinen mir heute viel zu wenig ausgeprägt.

Gibt es bei Dir in der Organisation Rollen, die sich explizit um den Kunden oder den Service kümmern? Wir sehen häufige viele Prozessmanager, also Menschen die sich um das „Wie“ kümmern und nur ganz wenige, die sich für das „Was“ verantwortlich fühlen.

Das darf sich aus meiner Sicht ändern. Selbst in großen Organisationen, braucht es nicht viel mehr als eine Handvoll von Prozessmanagern, wenn überhaupt so viele.

Service Owner

Lass mich bitte mit dem Service Owner beginnen. Kennst Du den Begriff schon? Hast Du ein Bild von der Rolle? Ich vermute, die meisten nicht. Deswegen setzte ich das Unbekannte an den Anfang, um explizit eine negative Abgrenzung des Service Managers vorzunehmen.

Die Rolle Service Owner existiert in FitSM und ist dort wie folgt beschrieben: „Der Service Owner ist verantwortlich für einen spezifischen Service, der durch den Service Provider angeboten wird.“ Des Weiteren wird ausgeführt: Er ist der primäre Ansprechpartner für alle nicht-prozessspezifischen Fragen und Experte in technischen und nicht-technischen Fragen zum Service. Er erstellt und pflegt die Service Beschreibung. Er ist über alles rund um den Service informiert.

Das ist schon mal ein guter Ausgangspunkt für eine Rollendefinition.

Ausgehend von den Gedanken aus dem letzten Podcast, möchte ich Dir die Rolle des Service Owners so beschreiben: (Für das was jetzt kommt, ist es sinnvoll, dass Du erstmal die Folge 54 hörst oder liest, falls Du diese noch nicht kennst. 

Welche Verantwortung und Aufgaben hat ein Service Owner:

  • vertritt den Kunden, ist die Verbindung zwischen Serviceteam und Kunden und bezieht den Kunden mit ein
  • er hat Expertise sowohl inhaltlich fachlich als auch für den technischen Teil des Service, so dass er zwischen Business und IT übersetzen kann
  • er ist verantwortlich für die Erstellung und Pflege der Service-Architektur
  • er pflegt und priorisiert das Service-Backlog entsprechend des Wertes für die Kunden
  • er kontrolliert den Fortschritt und nimmt die Ergebnisse ab bzw. weißt sie zurück

Wenn Du Dich mit Scrum oder agiler Softwareentwicklung beschäftigst, dann merkst Du, dass das sehr nach dem Product Owner klingt. Ja, ich habe mich bewusst an dieser Rolle orientiert.

In der letzten Folge sagte ich, dass wir Service Teams brauchen, die entweder die Verantwortung für einen bzw. mehrere Services haben oder für alle Services eines Kunden. Sogenannte cross-functional Teams. Teams, die alle Fähigkeiten haben, um das Ziel zu erreichen.

Die Teams sind selbstorganisiert, brauchen dafür jemanden, der entsprechend des Wertes für den Kunden, die Arbeit priorisiert.

Service-Owner als Gatekeeper

Du weißt, Arbeit ist immer genug da. Du kannst noch 20 Menschen einstellen, wirst trotzdem nicht fertig. Um das zu beherrschen, brauchst Du die Priorisierung.

Der Service Owner ist quasi der Gatekeeper, der zwischen all den Aufgaben und der Abarbeitung steht. Das heißt, er nimmt alle Incidents, Problems, Changes, Anforderungen, Projekte und was es sonst noch so in Deiner Organisation gibt und diesen Service betrifft, und priorisiert diese.

Das heißt, er schätzt ein, welchen Wert die Lösung eines Incidents, die Beseitigung eines Problems oder die Umsetzung eines Projektes für den Kunden hat. Dementsprechend priorisiert er die Aufgaben. Die Aufgaben stehen im sogenannten Backlog.

Das Team arbeitet das Backlog streng nach Priorität ab. Getreu dem Motto „Stop starting, start finishing“. Ziel ist es, Aufgaben in endlicher Zeit zu beenden, anstatt viele offene Aufgaben vor sich herzuschieben.

Das wirft die Frage auf, wie das im realen Ablauf organisiert ist. Das möchte ich an der Stelle ausklammern, sonst sprengt das den Rahmen dieser Folge.

Damit der Service Owner diese Aufgabe wahrnehmen kann, darf er den oder die Kunden kennen und regelmäßig mit Ihnen kommunizieren. Er darf die Priorisierung zusammen mit dem Kunden durchführen. Und er darf den Kunden in die Umsetzung von Anforderungen und Changes involvieren, so dass der Kunde frühzeitig Ergebnisse sieht und ggf. umsteuern kann.

Wer ist der Kunde?

Zweite Voraussetzung ist, dass der Service Owner sich auch fachlich in der Kundendomäne auskennt. Also, wenn Du einen Service für die Buchhaltung anbietest, dann ist es hilfreich, wenn Du die Grundlagen und Grundbegriffe der Buchhaltung kennst und verstehst, was den Kunden bewegt. Das Wort Stallgeruch trifft es ziemlich gut, glaube ich.

Bringt uns automatisch zu der Frage: Wer ist der Kunde?

Danach richtet sich, welches Wissen der Service Owner aus der Kundendomäne benötigt. Mir fallen dazu drei grobe Klassen von Kunden ein:

  1. Die Fachabteilung: Ganz klassisch: Du bietest einen Business Service an. Der Service ist somit stark dem Prozess verbunden und damit ist klar, welches Wissen Deine Service Owner benötigt.
  2. Andere Service Teams: Das ist der Fall, wenn Du IT-Services oder auch Infrastrukturservices wie eMail, Active Directory, File Services oder was auch immer anbietest. Dann sind in der Regel andere Service Teams Deine Kunden. Die benötigen Deine Services, um eigene Business Services zu realisieren. Bis Du externer Lieferant, dann ist Dein Kunde wahrscheinlich die IT-Abteilung oder ein anderer Service Provider. In allen drei Fällen brauchst Du ein spezifisches Infrastrukturwissen und die Fähigkeit Service Architekturen zu verstehen.
  3. Da fehlt mir der richtige Name – Beispiel: Du arbeitest bei HRS und bist in der IT für den Hotelbuchungsservice verantwortlich. Dann bin ich einer Deiner vielen End-Kunden. Ich bin nicht Dein Kunde. Dein Kunde ist die Business-verantwortliche Fachabteilung. Ich unterscheide das zu Punk 1, weil Du wahrscheinlich ganz selten direkt mit Endkunden Kontakt haben wirst und die Fachabteilung schon der Kundenproxy ist. Du brauchst Wissen um den Hotelbuchungsprozess.

 

Sprechen wir über Services, ist es wichtig, dass Du Dir klar bist, wer Deine Kunden sind. Deswegen der kurze Ausflug.

 

Zurück zur Rolle des Service Owner: Hat das Team eine Aufgabe abgearbeitet, so ist der Service Owner für die Abnahme verantwortlich. Er kontrolliert, ob die Aufgabe wie besprochen umgesetzt wurde und ob es noch Fehler gibt. Danach kommuniziert er diese zum Kunden.

Für Änderungen, Anforderungen und Projekte erklärt sich das für Dich sicher. Bei Incidents, scheint das etwas umständlich zu sein. Auf der anderen Seite ist auch da eine Qualitätssicherung eine gute Idee, oder?

Das kannst Du so oder so sehen. Ich denke, da darfst Du Deinen Weg finden. Der Service Owner sollte nicht zum Nadelöhr werden. Probiere einfach verschiedene Varianten aus und finde, was zu Deinem Business passt.

Skills

Der Service Owner ist verantwortlich für die Erstellung und Pflege der Service Architektur. Das ist mir ein ganz wichtiger Punkt. Grundlage für eine saubere Serviceerbringung ist eine Service Architektur. Diese wird initial erstellt werden und darf dann regelmäßig gepflegt werden.

Das geht in drei Richtungen: Veränderungen in der technischen Umsetzung werden in der Architektur dokumentiert. Und es ergeben sich aus der Anpassung der Servicearchitekturen Veränderungen in der technischen Umsetzung. Veränderungen am Prozess oder in der Kundenorganisation haben unter Umständen auch Auswirkungen auf die Service Architektur.

Der Service Owner ist nicht zwangsweise der, der die Service Architektur erstellt und pflegt, sondern er darf auf jeden Fall dafür sorgen, dass es jemand durchführt. Ich bin der Ansicht, dass es ihm auf jeden Fall gut täte, wenn er es selber tut oder wenigstens tun könnte.

Als Service Owner darfst Du eine Menge unterschiedlicher Skills haben. Du bist fachlich und technisch versiert, kannst gut kommunizieren und verstehst es, dein Team zu motivieren. Eine wirklich anspruchsvolle und interessante Rolle.

Ich habe für Dich als Beispiel eine konkrete Stellenbeschreibung für einen Service Owner erstellt. Dort definiere ich die Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Skills umfangreicher als hier im Podcast. Für den Service Manager, über den wir gleich sprechen, habe ich für Dich auch eine Stellenbeschreibung erstellt. Beide kannst Du als Vorlage und Gedankenanregung nehmen, wenn Du bei Dir in der Firma solche Stellen etablieren möchtest.

Service Manager

Nun lass uns zur Rolle des Service Managers kommen. Ich versuche mal für Dich meine Gedanken in die ITIL Rollenwelt einzuordnen.

In meiner Welt ist der Service Manager eine Mischung aus den Aufgaben des Business Relationship-, Demand- und Service Level Manager. Bei FitSM würde ich den Customer Relationship- und Service Level Manager zusammenfassen.

Mir ist es ganz wichtig, dass der Service Manager eine Rolle ist, die direkt zum Kunden gerichtet ist. Hast Du diese Rolle, so bist Du derjenige in Deiner IT-Organisation, der den meisten Kontakt mit dem Kunden hat.

Die Aufgaben des Service Managers sind vielfältig und er hat auch eine große Verantwortung:

  • er ist der erste Ansprechpartner für den Kunden in die IT-Organisation
  • er vertritt die Interessen des Kunden gegenüber der internen IT-Organisation, insbesondere zur Einhaltung der vereinbarten SLA
  • er versteht das Geschäft und die Prozesse des Kunden und weiß, wie die bezogenen Services zum Geschäftserfolg beitragen
  • er kennt die Vision und Strategie des Kunden und nimmt die daraus entstehenden Bedürfnisse für IT-Services auf
  • er prüft, ob die IT-Organisation, passende Services für die Bedürfnisse anbieten kann
  • er ist für alle vertraglichen Angelegenheit mit dem Kunden verantwortlich
  • er führt regelmäßig Service-Review-Meetings mit dem Kunden durch

 

Die Rolle des Service Managers erinnert Dich bestimmt stark an die eines Account Managers oder Vertrieblers. Das ist Absicht.

Ich bin mir sicher, dass wir in der IT-Organisation Menschen brauchen, die Vertriebswissen besitzen und diese auch anwenden. Mit IT-Organisation meinen ich sowohl interne IT-Abteilungen, Service Broker als auch Unternehmen, die Services anbieten. Und alle drei brauchen einen Vertrieb.

Verkaufen als Service-Manager

Der Service Manager ist eigentlich an zwei Stellen im Vertrieb tätig: Erstens beim Kunden. Bei dem ist es seine Aufgabe, die Services, die die IT-Organisation im Portfolio hat, zu verkaufen. Dazu braucht er das Wissen um die Vision und Ziele der beim Kunden handelnde Personen und des Unternehmens selber.

Er braucht das Wissen um die Prozesse und das Geschäft des Kunden. Er darf dessen Endkunden und Produkte gut kennen. So findet er die richtigen Anknüpfungspunkte für die Services. Und er darf dieses Wissen an die Service Owner, den Service Desk und die Service Teams weitergeben.

Dabei wird der Service Manager den Bedarf für neue Services identifizieren. Diesen Bedarf darf er dann intern verkaufen. Ja, Du hörst richtig – nach innen verkaufen. Vielleicht hast Du schon mal die Erfahrung gemacht, dass es ziemlich schwer ist, die Begeisterung für neue Service in Deiner Organisation zu wecken.

Das ist auch gut so. Die Beharrlichkeit der Organisation ist ein gutes Korrektiv für die Begeisterung des Service Managers, wenn, ja wenn daraus ein Prozess folgt, der die Chance und Risiken abwägt. Einen Prozess, in dem überlegt wird, ob der Service ins Portfolio passt und welches Potential er für das Geschäft der IT-Organisation bietet.

Natürlich ist der Service Manager für die Verträge und SLAs verantwortlich. Er verhandelt diese mit dem Kunden und sorgt nach Innen dafür, dass die SLAs auch möglichst eingehalten werden.

Wobei ich hier eher den Service Owner in der Pflicht sehe. Idealerweise gibt es pro Service nur wenige, sich nicht widersprechende, Vereinbarungen. Der Service Manager hat gar nicht die Möglichkeit, für die Einhaltung zu sorgen. Er kann lediglich durch Kommunikation und Eskalation dafür sorgen, dass drohende SLA Verletzungen erkannt werden.

Das Service Review Meeting ist ganz wichtig: Da sprechen der Kunde und der Service Level Manager über die Informationen und Kennzahlen, die der Kunde benötigt, um die Qualität des Service einzuschätzen. Dazu wird es noch eine eigene Folge geben. Ich denke, dass ist ein Thema voller Missverständnisse.

Der Service Manager ist für einen oder mehrere Kunden verantwortlich. Eine andere Zuordnung halte ich nicht für sinnvoll. Ob er auch für die Neukundenakquise verantwortlich ist, hängt wohl von der persönlichen Neigung ab.

Alles was ich gerade beschrieben habe, sind die Eigenschaften eines Sammlers. Ein Sammler ist gut darin, bestehende Beziehungen zu pflegen, neue Aufträge bei bestehenden Kunden zu generieren und das Vertrauen immer weiter auszubauen.

Dem Sammler ist bei der Akquise neuer Kunden nicht wohl. Dafür braucht es auch andere Eigenschaften. Dafür darfst Du ein Jäger sein. Du darfst Spaß daran haben, Kunden zu jagen. Du nimmst jeden Schuss der daneben geht, als Ansporn das nächste Mal besser zu zielen. Er ist vom Sammeln sehr schnell gelangweilt.

Da kein Mensch in eine Schublade passt, kommt es auf die persönlichen Verteilung und Interessen an, ob der Service Manager auch Neukunden akquiriert. Ich persönlich würde immer darauf achten, dass der Service Manager einen geringen Anteil von Jäger-Eigenschaften besitzt.

Auch für den Service Manager habe ich Dir eine Stellenbeschreibung erstellt:

Was verdienen Service-Manager und Service-Owner?

Ich bekomme immer wieder die Frage, was Du in den beiden Rollen verdienen kannst. Meiner Erfahrung nach ist das sehr unterschiedlich. Arbeitest Du als Service-Manager beim einem Dienstleister oder Provider, sind die Verdienstaussichten sicher höher als in der internen IT in einem Unternehmen.

Ich glaube, dass in den nächsten Jahren der Service-Owner wesentlich an Bedeutung gewinnen wird. Entsprechend werden die Gehälter auch steigen. Die Verantwortung des Service-Owners ist natürlich auch ziemlich groß.

Je nach Unternehmen, Erfahrung und Region in Deutschland schwankt das Gehalt eines Service-Managers zwischen 40.000 und 80.000 € im Jahr. Je mehr Erfahrung Du für die verschiedenen Aufgaben des Service-Managers mitbringst, um so besser Aussichten hast Du.

Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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