IT-Support aus dem Homeoffice für das Homeoffice

Die Herausforderung ist groß: plötzlich sind 50, 100, 500, 1000 oder 2000 Menschen zu Hause und wollen dort arbeiten. Natürlich geht da was schief. Viele, die bisher ausschließlich im Büro gearbeitet haben, brauchen dabei Unterstützung. Starthilfe sozusagen. Wie soll die IT das leisten? Eine gute und berechtigte Frage.


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Gehe ich recht in der Annahme, dass ein Teil Deiner Nutzer seit geraumer Zeit im Homeoffice sitzt? Wenn ja, dann wird es bei Dir im Team sicher schon die eine oder andere Diskussion gegeben haben, wie weit die Unterstützung für die Menschen in ihrem Homeoffice geht.

Zumindest habe ich die Diskussion bei einigen Workshops in den letzten Monaten immer wieder mitbekommen. Vorletzte Woche beim Servicenerds.Camp gab es dazu auch eine Session mit vielen Teilnehmern.

Ich möchte das Thema heute mit Dir aufgreifen. In der Session haben sich drei Dimensionen gezeigt:

  1. Wie organisiere ich den Support, wenn die komplette IT im Homeoffice ist.
  2. Wie weit geht die Unterstützung für die Leute im Homeoffice.
  3. Was machen wir mit den Leuten vor Ort bzw. wenn mal was vor Ort gemacht werden muss.

Ich möchte mit dem zweiten Punkt beginnen: Wie weit geht der Support. Die Situation kennst Du sicher: Deine Nutzer arbeiten zu Hause und das einzige Firmenequipment ist das Notebook. Bei manchen noch nicht einmal das. Da nutzen die Menschen ihr privates Endgerät und dann vielleicht noch ein Applegerät, welches Ihr normalerweise nicht supportet.

Zwei Extreme

Dann ist da noch der Internetzugang, Verbindung zum WLAN, der private Monitor, den Citrix-Client auf dem privaten Computer installieren und was alles sonst noch so auf Dich im Homeoffice des Nutzers wartet.

Wie gehst Du damit um? In der Session des Servicenerds.Camp gab es beide extreme Lager. Die einen sagen, dass alles, was die Firma nicht stellt, Sache des Anwenders ist. WLAN und Internet sind Sache des Nutzers. Wenn es nicht geht, dann muss er in die Firma kommen. Wenn es dort geht, dann können wir auch nichts dafür.

Am anderen Ende war ein Unternehmen, da wird zumindest zukünftig der Nutzer so weit wie remote möglich unterstützt – egal was da so auf die IT wartet.

Dazwischen gab es natürlich viele verschiedene Nuancen. Was nun richtig oder falsch ist, mag ich gar nicht bewerten. Bevor Du darüber nachdenkst, wie der letztere Standpunkt realisierbar ist, mag ich Dir zwei vielleicht neue Blickwinkel auf die Situation geben:

Zwei andere Blickwinkel

In erster Linie ist da der Mitarbeiter, der aus seiner gewohnten Büroumgebung in seiner Küche, Schlafzimmer, Kinderzimmer oder Keller gelandet ist. Die wenigsten haben einen gut eingerichteten Arbeitsplatz und müssen sich das bisschen Platz vielleicht noch mit Partner und Kindern teilen. In der gewohnten Büroumgebung funktioniert alles gut. Netzwerk ist stabil, Anwendungen reagieren vernünftig schnell und wenn man mal etwas nicht weiß, kann man den Kollegen fragen.

Mit dem IT-Equipment haben diese Mitarbeiter in der Regel wenig zu tun. Sie nutzen es. Das ist zu Hause anders. Ich brauche dir nicht zu erzählen, was da alles anders ist und woran es scheitern kann – das hast Du in den letzten Monaten entweder selbst erlebt oder Deine Kollegen haben mal davon erzählt.

Der Mensch ist verunsichert und will eigentlich nur eines: Arbeiten.

Einfach nur Arbeiten – da sind wir beim zweiten Perspektivwechsel: Dein Unternehmen. Dein Unternehmen möchte auch nichts anderes: Es möchte, dass die Mitarbeiter im Homeoffice die gleiche Produktivität an den Tag legen können, wie im Büro. Sie sollen nicht von IT-Problemen gestört werden, egal, wovon diese verursacht werden.

Was hat Priorität?

„Ja, aber das kostet und wer soll das alles machen.“ – möchte bestimmt gerade mindestens ein Zuhörer reinrufen. Ja, klar – für umsonst gibt es das auf keinen Fall. Deswegen habe ich auch die Unternehmensperspektive eingenommen. Denn auf dieser Ebene muss eine Entscheidung getroffen werden: „Liebes Unternehmen, wie viel Unterstützung möchtest Du für Deine Angestellten im Homeoffice? Wir haben drei Varianten: Variante 1 bedeutet dies, Variante 2 das und Variante 3 jenes. Die Kosten für die einzelnen Varianten betragen x Euro. Nach den Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten gesammelt haben, schlagen wir Variante x vor.“

So ähnlich kannst Du der Geschäftsleitung einen Vorschlag unterbreiten. Es geht nicht um die IT-Kostenstelle – es geht um die Kunden Deines Unternehmens, um die Mitarbeiter und das Unternehmen an sich. Die Kosten entstehen so oder so. Entweder, weil die IT mehr leistet oder weil die Menschen Produktivität und Motivation verlieren.

Wäre ich Geschäftsführer, ich wüsste, wo ich das Geld reinstecken würde.

Wie lässt sich das organisieren?

Ich möchte Dir ein Beispiel geben. Ich weiß gar nicht, ob es bei einem meiner Kunden oder beim Servicenerds.Camp war: Unternehmen supportet nur Windows-Rechner. Ein größerer Teil der Mitarbeiter nutzen zu Hause ihre eigene Technik, darunter viele Apple-Geräte. Im ersten Schritt hat der Support diese immer zurückgewiesen. Irgendwann initiierte der CIO eine konstatierte Aktion: Er fragte, wer sich in der IT mit Macs auskennt und hat alle für ein paar wenige Tage gebeten, die Mitarbeiter im Homeoffice an ihrem Mac einzuweisen und in deren IT-Infrastruktur einzubinden. Er selbst hat sich auch beteiligt. Das hat einwandfrei funktioniert. Geblieben davon ist heute noch ein Teams-Kanal, in den der Support Fragen zu Macs postet und einer der anderen IT-Mitarbeiter bestimmt antwortet.

Eine sehr gute Idee und Aktion, mit der wir schon bei der Organisation des Supports aus dem Homeoffice sind. Ich glaube, dass ein möglicher Schlüssel zu einem guten Support der Nutzer im Homeoffice in Ansätzen wie Swarming liegt. Kurz zusammengefasst: Jeder unterstützt im Support, mit seinem speziellen Wissen. Gerade, wenn es um Router, Drucker oder was auch immer im Homeoffice geht, wird es wahrscheinlich jemanden bei Dir im Team geben, der das auch zu Hause hat oder schon mal damit konfrontiert war. Warum für sowas nicht einen oder mehrere Teams-Kanäle einrichten und so jemanden finden, der dem Anwender helfen kann.

Hinter Swarming steckt natürlich ein bisschen mehr. Hier findest Du ein Gespräch über Swarming.

Organisation des Support

Vielen fehlt die informelle Kommunikation des Büros. Man bekommt nicht mehr so viel mit, wie auf Arbeit. Das ist vielleicht das größte Problem. Wie damit umgehen? Die Teilnehmer der Session des Servicenerds.Camp haben bereits viele Dinge ausprobiert:

  • Verschiedene Kanäle im Teams, die für die informelle Kommunikation oder ganz bestimmte Themen genutzt werden können.
  • Tägliche oder mehrfach tägliche Stand-ups, damit alle Beteiligten auf einem Stand sind.
  • Gemeinsame und verbindliche Regeln und Absprachen, wie man remote zusammenarbeitet, um bspw. doppelte Arbeit zu vermeiden.
  • Klare Kommunikation der aktuellen Rahmenbedingungen wie beispielsweise verlängerte Bearbeitungszeiten an die Nutzer. Also das konsequente Setzen der Erwartungshaltung, um Unzufriedenheit vorzubeugen.

Ich ergänze noch die Idee, dass man sich auch zum virtuellen Office zusammenschalten kann. Alle Teammitglieder in einem Onlinemeeting und jeder geht seiner Arbeit nach. Wenn es Fragen gibt, kann man die gleichstellen. Das geht ein wenig in Richtung Work-out-loud.

Als letzter Aspekt wurde diskutiert, dass es ja meist noch einige oder teilweise viele Anwender gibt, die nicht im Homeoffice sind. Um die darfst Du Dich natürlich auch kümmern. Die Teilnehmer berichten von so was wie Schichtplänen, in denen geregelt wurde, wer wann vor Ort ist. In anderen Unternehmen sind die IT-Mitarbeiter, die in der Nähe der Arbeitsstätte wohnen, bei Bedarf in die Firma gefahren.

Support aus dem Homeoffice für das Homeoffice ist keine leichte Sache! Ich bin immer wieder beeindruckt, was Du und die ganzen anderen ITler seit einem Jahr leisten!

Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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