Was ist Service-Management?
Woran denkst Du als erstes bei dieser Frage? Prozesse, ITIL oder Tickets? Klar, das gehört irgendwie dazu. Der Kern des Service-Managements ist ein anderer. Du erfährst, was der Kern ist und warum es für Dich wichtig ist, Dich auf diesen Kern zu fokussieren.
Vor einer Woche habe ich von Conny Dethloff zwei Artikel zum Thema Mindset, Kundenfokussierung und Bedingungsloses Grundeinkommen gelesen. Der eine Artikel hat den Titel: „Kundenfokussierung geht nur über Regelbruch„.
Angelehnt an diese beiden Beiträge wollte ich die Folgen reißerisch „Scheiß aufs Mindset“ nennen. Allerdings ist das bei mir im Kopf nicht ganz rund geworden. Ja, ich bin der Überzeugung, dass es bei der Mehrheit der Menschen nicht am Mindset scheitert. Das ist auf jeden Fall da. Dass das im Laufe der Unternehmenszugehörigkeit manchmal verschwindet oder lass mich besser sagen, in den Hintergrund tritt, das liegt am System Unternehmen.
Was ist Service-Management?
Die Überlegungen haben mich zur grundsätzlichen Frage geführt: Was ist Service-Management? Oder besser: Was ist Service-Management wirklich?
Überlege mal bitte, was Du auf diese Frage antworten würdest.
Folgenden Satz habe ich bei meiner Recherche gelesen: „Hier wird festgelegt, welche Arbeitsverfahren im Bereich der IT gelten, wie die Schnittstellen zu den jeweiligen Abteilungen aussehen, welche Servicelevel (SLA) vereinbart sind.“
Ja, genau: Bürokratie, Abgrenzung und Orientierung auf die internen Abläufe. Ich glaube, dass dieser Satz sehr gut die Situation beschreibt, die Du aus Deinem oder anderen Unternehmen kennst.
Die IT, der Fachbereich, das IT-Budget, der Service-Desk, SLAs und alles was dazu gehört, damit der Bereich IT gut da steht. Natürlich darfst Du die ausgefeilten Prozesse nicht vergessen, die penibel einzuhalten sind. Und die Governance-Regeln und die Security. Genau.
Genau das ist Service-Management nicht!
Service-Management in dieser Ausprägung fokussiert sich auf die interne Optimierung und das sauber halten des eigenen Spielfeldes. Und natürlich die Einhaltung des Budgets.
Wenn das Dein Verständnis von Service-Management ist und Du es nicht ändern möchtest, dann kannst Du jetzt aufhören, den Beitrag zu lesen.
Service-Management ist was ganz anderes. Service-Management ist das Betriebssystem einer jeden Service-Organisation. Wenn wir beide jetzt davon ausgehen, dass in unserer Welt momentan fast alles dazu tendiert, ein Service zu werden, dann lautet der Satz anders: Service-Management ist das Betriebssystem einer jeden Organisation, eines jeden Unternehmens.
Worum geht es?
Betriebssystem bedeutet, dass ohne dieses nichts funktioniert. Um das zu erklären, müssen wir den Begriff mal auseinander nehmen. Er besteht aus zwei Worten, wie Du weißt: Service und Management.
Beim Begriff Management sind wir sehr schnell beim Lenken, Steuern, Planen und damit bei Prozessen und Regeln. Das ist der Teil des Service-Managements, der in den letzten Jahrzehnten sehr stark beton wurde. Darauf haben sich viele Service-Organisationen ausgerichtet und sich intern optimiert. Frei nach dem Motto: „Mehr Tickets mit weniger Menschen.“
Der Begriff des Service kommt dabei zu kurz. Viel zu kurz wenn Du mich fragst.
Ja, was ist denn nun ein Service? Auch hier wieder die Aufforderung an Dich: Wie würdest Du den Begriff Service definieren?
Definition Service:
Wenig poetisch, dafür sehr klar in der Ausrichtung: Erfüllung, Kundenbedürfnis – zwei der drei Schlüsselwörter in diesem kurzen Satz.
Es geht also um den Kunden und seine Bedürfnisse. Das gilt es festzuhalten, weil heute geht es viel zu sehr um die Einhaltung von Budget, Prozessen, Abteilungsgrenzen und Regeln. Nein, es geht um den Kunden und seinen Bedürfnisse.
Um Dir das zu illustrieren: Ich erleben immer noch IT-Organisationen, bei denen der Zugang zu den Räumen so gesichert ist, dass da auch wirklich nur IT-Mitarbeiter rein kommen. Die Nutzer haben gefälligst ein Ticket zu schreiben. Anrufen ist auch verboten, wenn es sein muss dann höchstens bei der Hotline.
Lokal oder unternehmensweit?
Das mag das lokale Optimum sein: Die IT bekommt die Arbeit über den Zaun geworfen und kann diese je nach Auslastung, Urlaub und sonst was so intern verteilen, dass alles reibungslos funktioniert.
Was meinst Du: Ist das lokale Optimum auch das Beste für das Unternehmen? Wenn ich schon so frage, kann das nur eine rhetorische Frage sein – natürlich nicht!
Das sind die Unternehmen, in denen die Mitarbeiter ganz viel machen, damit sie nicht mit der IT in Kontakt treten müssen. Da wird ganz viel versucht, sich selbst oder dem Kollegen zu helfen, bevor man so ein Ticket aufmacht. Anforderungen kommen kaum bei der IT vorbei und die Schatten-IT hat eine gute Konjunktur.
Das heißt, es geht ganz viel Zeit und damit Produktivität des Unternehmens dafür drauf, die IT außen vor zu lassen. Aus Sicht des Gesamtunternehmens wäre eine andere Vorgehensweise viel, viel sinnvoller. Die ist aus der reinen Sicht der IT-Kosten wahrscheinlich teurer und gerade aus Sicht des Unternehmens insgesamt preiswerter.
Damit haben wir schon mal einen Kunden identifiziert – es ist das eigene Unternehmen. Bitte jetzt nicht falsch verstehen – ich gehöre nicht zu denen, die nun jeden Kollegen als Kunden bezeichnen. Nein, das geht für mich in die falsche Richtung. Allerdings ist das ein anderes Thema.
Es geht um die Bedürfnisse Deines Unternehmens. Darauf darf ich als IT-Leiter mein Handeln ausrichten. Jetzt bin ich bei einem Satz, für den ich oft Schläge einstecke:
Definition Service-Management:
Ja, Du hast richtige gehört, es geht um das Dienen. Wir dürfen dem Unternehmen dienen.
Genau an dem Verb dienen reiben sich die Menschen, die mir aufgrund des Satzes Schläge androhen.
Wenn Du ins Wörterbuch schaust, dann hat das Wort dienen mehrere Bedeutungen. Die, die als erstes steht, lautet: „in abhängiger Stellung [gegen Lohn, Gehalt] bestimmte Pflichten erfüllen, bestimmte Arbeiten verrichten“. An dieser Bedeutung zusammen mit dem Bild der Diener des Königs, wird es für viele schwer meine Aussage zu akzeptieren.
Dienen als Motivation
Schaue ich im Wörterbuch weiter, dann kommt folgende Definition: „sich einer Sache oder Person freiwillig unterordnen und für sie wirken; für jemanden, etwas eintreten“ – Die trifft den Nagel auf den Kopf. Unsere Aufgabe ist es, für unser Unternehmen einzutreten und mit allem, was wir haben, für das Wohl des Unternehmens wirken.
Das LAPD – die Polizei von Los Angeles – hat ein Motto: „to protect and to serve“: Schützen und Dienen. Die Bundeswehr: „Wir. Dienen. Deutschland.“ Ganz klare Mission-Statements.
Das gleiche erwarte ich von Dir und Deiner IT: dem Unternehmen dienen. Alle Kraft und Energie da rein setzen, dass das Unternehmen seinen Zweck immer besser erfüllen kann. Dem Unternehmen selbst den bestmöglichen Dienst an seinem Kunden ermöglich.
In den drei Sätzen steck verdammt viel drin. Klar steckt da eine Optimierung der Leistungserbringung drin, aber nicht zu Lasten andere Fachbereiche, sondern im Sinn des Unternehmens. Da steckt die Verpflichtung zu Innovation, zu Flexibilität, zur Wendigkeit, zur Wirtschaftlichkeit und natürlich Serviceorientierung drin.
Und da steckt noch eine zweite große Kundengruppe drin – das sind die Kunden Deines Unternehmens. Je nach Geschäftsfeld Deines Unternehmens darfst Du die auch im Blick haben.
Wie kriege ich jetzt wieder die Kurve zum Service-Management?
Ich glaube, wir haben alle Werkzeuge, die wir brauchen, um unserem Unternehmen und seinen Kunden gewinnbringend zu dienen. Du und viele andere Menschen haben auch das richtige Mindset für das Dienen, für die Kunden- und Serviceorientierung.
Das erlebe ich bei fast allen Kunden. Die Menschen sind leider in dem aktuellen System von Abteilungen, Technologie, Prozessen, Budgets und interner Optimierung gefangen. Genau diese Fesseln löst Du, wenn Du Dich auf den Weg zur Serviceorientierung begibst.
Der Weg ist steinig, das können Dir alle berichten, die den Weg gerade gehen. Das sehe und höre ich jede Woche in den Online-Calls des Servicekatalog-Bootcamps. Genau dort sehe ich auch, dass die IT-Abteilungen, die sich ernsthaft und intensiv mit den Fragen nach dem Nutzen für den Kunden, dem eigenen Angebot und dem wirklichen Dienen auseinandersetzen, ganz schnell erste Erfolge erzielen.
Ich sehe vor allem im Servicekatalog-Bootcamp, dass den meisten Menschen, die wie Du darüber nachdenken, ob ein Servicekatalog sinnvoll ist oder nicht, dass denen ein Leitfaden, ein ja, vielleicht sowas wie ein Fahrlehrer fehlt. Ich glaube das ist ein gutes Bild: Der Fahrlehrer erklärt Dir grundlegende Regeln und Techniken und lässt Dich dann selbst fahren. Er greift nur ein, bevor es wirklich richtig schief geht und beantwortet Dir natürlich alle Fragen.