Tod dem Silo – es lebe das Silo!

Alles wie immer? Die Zusammenarbeit stockt. Es muss eine Matrixorganisation her, um die Silos zu überwinden? Am besten noch die Silos weg und dann wird das schon. Die schlechte Nachricht: Egal, wie Dein Unternehmen organisiert ist, es entstehen immer Silos. Wenn Du verstehst, wie es zu Silos kommt und wie Du es steuern kannst, dann kannst Du wirklich was ändern. Genau dafür bekommst Du heute einen Impuls.


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„Wir müssen die Silos auflösen.“ – eine ganz beliebte Aufforderung von Beratern oder Managern an das Unternehmen, wenn es darum geht, die Zusammenarbeit im Unternehmen zu verbessern. Insbesondere, wenn es um die Digitalisierung geht.

Die Problematik ist Dir sicher bekannt: Es gibt im Unternehmen Abteilungen. Diese Abteilungen erledigen Ihre Aufgaben gut und sind von Innen heraus betrachtet sehr effizient und meist auch effektiv.

Die Probleme beginnen an der Grenze der Abteilung. Bei der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit. Da stockt es. Abteilung A liefert das Ergebnis nicht so, wie es Abteilung B benötigt. Beide haben ihre optimierten Prozesse, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Schuld ist natürlich immer die andere Abteilung.

Daher sprechen wir häufig von Königreichen und Bereichsdenken. Aus Sicht des Unternehmens eine nicht zufriedenstellende Situation. Wobei ich oft das Gefühl habe, dass diese Struktur so vom Management auch gefördert wird. Zumindest wird nichts aktiv dagegen unternommen. Im Gegenteil. Viele Ziele der Führungskräfte und Mitarbeiter sind abteilungsorientiert. Es ist auch bequemer, solche Einheiten zu führen, als die Diskussion und Unsicherheit auszuhalten.

Selbst wenn der Kunde das Silodenken ausbaden muss, ist das für viele Führungskräfte noch kein Grund zu handeln.

Problematisch wird es für die meisten Unternehmen erst dann, wenn die Einnahmen nicht mehr so sprudeln. Die lokale Effizienz sorgt vielfach für eine globale Ineffizienz und damit für hohe Kosten. Das kurzfristig in den Griff zu bekommen, ist schwer.

Fazit: Silos sind schlecht. Silos müssen weg.

Einspruch!

Was sind denn überhaupt Silos? Um das zu verstehen, bemühe ich heute die Systemtheorie nach Luhmann. Bitte habe im Hinterkopf, dass ich kein Experte in Systemtheorie bin. Eher ein interessierter Laie. Das heißt, wenn ich Mist erzähle, schreib mir das bitte. Nur so kann ich es richtigstellen und was dazu lernen.

Die Systemtheorie ist eine philosophisch-soziologische Kommunikationstheorie, mit der die Gesellschaft universell erklärt werden kann. Luhmann sagt, dass ein System nicht aus den Elementen, sondern den Beziehungen zwischen den Elementen besteht. Diese Beziehung beruht insbesondere auf der Kommunikation der Elemente untereinander.

Im Unternehmen, was an sich schon ein System ist, sind das die Mitarbeitenden.

Die Verknüpfungskapazität der Elemente ist begrenzt. Wir können nicht mit unendlich vielen Menschen kommunizieren. Ist das Maximum erreicht, entsteht ein Komplexitätsproblem. Die Theorie besagt, dass das System dieses Komplexitätsproblem dadurch löst, dass es die unwichtigen Verbindungen löst und so den Fortbestand sichert.

Da sind wir schon bei den Zielvereinbarungen bzw. dem Steuerungssystem des Unternehmens. Dadurch wird vorgegeben, was die wichtigen Verbindungen sind und was nicht. Dadurch steuern die Führungskräfte, welche Systeme sich ausbilden. Dies wird noch explizit vorgegeben, durch die Bildung von Abteilungen. Also die Unternehmensstruktur.

Also hat man die ITler in eine Abteilung gesteckt. Das Ziel ist, IT zu machen und das bestmöglich. Dann steckt man die Netzwerker in ein Team, die Serverleute in ein anderes und dann hat man noch ein Team für Linux und ein Team für Windows. Klassische IT-Struktur.

Ein System definiert sich durch die Differenz zur Umwelt. Entweder man gehört zu einem System oder nicht. In dieser Umwelt gibt es wieder andere Systeme. Es gibt Kommunikation zwischen den Systemen. Diese bedingen sich gegenseitig.

Systeme streben immer nach einem stabilen, eingeschwungenen Zustand. Jede Störung von außen bringt dies in Gefahr.

Spätestens ab hier entstehen unsere Silos. Häufig sprechen wir hier auch von der Kultur. Diese muss sich ändern.

Darüber sprach ich vor einer Weile mit Wojtek Gorecki. Ein Satz von ihm hat sich bei mir eingebrannt: „Kultur ist nicht entscheidbar – Struktur schon.“ Genau hier möchte ich ansetzen, um „Silos aufzubrechen“.

Welche Strukturbestandteile können wir ändern?

Wir können einmal darüber entscheiden, wie wir unsere Teams zusammensetzen. Also nach welchen Kriterien bilden wir Teams. Sind es Technologien oder einzelne Fachdisziplinen? Oder sind es beispielsweise Services, Value Streams oder eine bestimmte Kundengruppe?

Wichtig: Egal, was Du wählst, es werden sich wieder neue Silos bilden. Das ist ganz normal und das brauchen wir zur Komplexitätsreduktion. Allerdings sind die Grenzen des Systems jetzt andere. Der Fokus des Teams ist ein anderer. Dieses kann besser funktionieren.

Damit sind wir beim zweiten Strukturbestandteil, den wir verändern können – die Ziele der Organisationseinheiten, der Führungskräfte und der Mitarbeitenden. Es ist ein Unterschied, ob ich als Ziel die Reduktion der IT-Kosten um 20 %, die Senkung der Marketingkosten um 10 % und die Steigerung des Umsatzes um 5 % für jeden einzelnen Bereich ausgebe oder ob ich global das Ziel der Steigerung des Deckungsbeitrages 2 für Service / Produkt xyz um 15 % ausrufe.

In der mathematischen Rechnung kommt vielleicht das Gleiche raus. Jedoch sieht der Zielzustand komplett anders aus. Es wird wenig lokale Optimierung zulasten der Umwelt einzelner Abteilungen geben. Es wird vor allem auf die Zusammenarbeit und die Schnittstellen geschaut und auf die Optimierung der mit dem Produkt verbundenen Value-Streams.

Mein Appell an Dich als IT-Leiter, CIO oder Unternehmenslenker: Wenn Du ein Problem mit Silos hast, verändere die Struktur Deiner Einheit, setze sinnvolle Ziele, gib den Menschen einen Sinn für Ihre Arbeit und beobachte, was passiert. Erreichst Du die dahinterliegenden Ziele oder nicht? Wenn nicht, passe die Struktur so lange an, bis es passt.

Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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