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Die IT der Zukunft hat zwei Geschwindigkeiten: agil und stabil

Fachbereiche geben immer mehr Geld an der IT vorbei aus. Sie gilt als Hemmnis für Innovation. Wie gelingt der Spagat zwischen Stabilität und Innovation?

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Der stetige Wandel und die schnellen Veränderungszyklen in den Geschäftsfeldern und der Umgebung eines Unternehmens stellen die IT-Abteilung vor große Herausforderungen. Die IT achtet vor allem auf Zuverlässigkeit und auf die Sicherheit. Der stabile Betrieb ist das Kerngeschäft. Das ist richtig! Das aktuelle Geschäft eines Unternehmens muss stabil laufen. Da gibt es keine Frage. Ich glaube, das wird jeder in einem Unternehmen bestätigen.

Stabilität behindert Innovation

Im gleichen Atemzug werden vielen Mitarbeiter eines Unternehmens genau diese Fokussierung als Hemmnis benennen. Die IT als Verhinderer, der die Nutzung innovativer Dienste aus dem Internet oder neue Software blockiert. Ein Dilemma, in dem sich der IT-Leiter oder CIO befindet: 

Unternehmens IT: Agil oder überfordert

Unternehmens IT: Agil oder überfordert (Quelle: IT-Trends-Studie 2014, capgemini)

Während er damit beschäftigt ist „IT richtig zu machen“, geben die Fachbereiche immer mehr Geld für eigene IT-Investitionen aus. Sie brauchen ihrem Verständnis nach eine „IT, die Dinge schnell macht“. Versetze ich mich in die Lage eines solchen Fachbereiches, kann ich das auch sehr gut nachvollziehen.

Eine IT-Abteilung muss in der Lage sein, beides zu liefern. Sie muss es im Prinzip in zwei Geschmacksrichtungen oder besser gesagt Geschwindigkeiten geben:

  • traditionelle IT: der Teil, der mit Hilfe entsprechender Frameworks wie ITIL für den sicheren Betrieb sorgt. Der Teil der IT, der Wert auf Effizienz, Sicherheit, Prozesskonformität und Kostensenkung legt. In diesem Modus beschäftigt sich die IT mit bekannten und etablierten Techniken im Bereich Infrastruktur und Applikationen. „Commodity“ heißt das neu-deutsch. 
  • agile IT: der Teil, der getrieben durch die Ideen und Anforderungen der Fachbereiche neue Dienste und Applikationen schnell etabliert. Der Teil der IT nutzt Techniken wie Prototyping, Design Thinking, iteratives Vorgehen und die explizite Nähe zum Kunden – auch zum Kunden des eigenen Unternehmens. Hier schlägt sich die Einzigartigkeit des Unternehmens auch in IT nieder. Hier entstehen Wettbewerbsvorteile.

Spagat zwischen zwei Welten

Die beiden Geschwindigkeiten könnte man als Modus-1 und Modus-2 bezeichnen oder mit der linken und rechten Gehirnhälfte vergleichen. Egal wie, sicher ist aus meiner Sicht, dass eine IT-Abteilung beides beherrschen darf. Time-to-Market ist ein entscheidender Faktor. Es nützt nichts, wenn ich mit einem perfekten Produkt fertig bin, meine Konkurrenz aber schon länger präsent ist – auch wenn dessen Produkt am Anfang nicht so perfekt war und sich allmählich verbessert hat.

Die linke und die rechte Hälfte der IT.

Die linke und die rechte Hälfte der IT.

Die Kernaufgabe der IT liegt in der direkten Unterstützung des Geschäftes – das habe ich bereits in einem früheren Blogartikel diskutiert. Der Modus-2 ist die konsequente Weiterentwicklung dieses Gedanken.

Der linke Teil (Modus-1) der IT ist aus meiner Sicht klarer Kandidat für den Einkauf der Leistung am freien Markt. Dort geht es um den standardisierten Betrieb entlang von vereinbarten SLAs. Es gilt zu prüfen, wo dies stabiler und effizienter realisiert werden kann. Der agile Teil wird zwar Cloud-Angebote nutzen, aber ist integraler Bestandteil des Unternehmens.

Wir können aus Menschen, die es lieben im Modus-1 zu arbeiten wohl kaum Menschen machen, die in Modus-2 aufgehen. Das wird nicht funktionieren, denke ich. Es stehen unterschiedliche Anforderungen im Raum:

traditionelle IT agile IT
fokussiert auf langfristige Anforderungen fokussiert auf kurzfristige, sich ändernde Anforderungen
strebt nach Perfektion strebt nach Geschwindigkeit
Sicherheit und Risikominimierung Innovation und bewusstes Eingehen von Risiken
kümmert sich um die Bedürfnisse und Anforderungen des aktuellen Geschäftes kümmert sich um unkonventionelle und neue Anforderungenund Bedürfnisse
kümmert sich vornehmlich um Back-End-Anforderungen kümmert sich vornehmlich um Front-End-Anforderungen
Effizienz Prototyping und iterative Entwicklung
genehmigungsbasierende Governance prozessbasierende Governance
Kosten vrs. Performance Wert für das Geschäft
SLA und KPIs als Grundlage für Erfolgsmessung Feedback, schnelle Reaktion um signifikante Verbesserungen zu erreichen
Tool-getrieben Prozess- und Feeback-getrieben

 

Ein Unternehmen benötigt beide Geschwindigkeiten in der IT.

Bisher ist in den meisten Unternehmen vor allem die traditionelle IT ausgeprägt. Die agile IT muss wachsen.

Bimodal IT

Dieses Organisationsmodell hat natürlich schon einen Namen. Auf dem diesjährigen Garten Symposium wurde es als Bimodal IT bezeichnet. Dabei wurden folgende interessante Zahlen genannt:

  • 45% der CIOs haben bereits einen zweiten / agilen Modus für den Betrieb
  • 64% der CIOs sind von Natur aus pragmatisch
  • 2017 werden 75% der Organisationen beide Modi in der IT haben – die Hälfte wird scheitern

Ob man den Zahlen Glauben schenkt oder nicht – folgende sechs Idee vom Gartner Symposium kann ich nur unterstützen:

  1. Mit Bimodal kann schneller Geschäftsnutzen generiert werden.
  2. Nur wer beide Modi beherrscht, wird erfolgreich sein – ansonsten wir die IT auf ihre Betriebsrolle reduziert.
  3. „No one size fits all“ – Finde den richtigen Mix aus rechter und linker Hälfte.
  4. Verwalte, finanziere und messe beide Modi unterschiedlich.
  5. Starte, bevor Du denkst, dass Du bereit bist.
  6. Eine kulturelle Veränderung ist notwendig, damit Bimodal IT erfolgreich ist.

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Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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