5 Tipps für eine gute Kommunikation am Service-Desk
Das geschriebene und gesprochene Wort ist eine Waffe. Du kannst Worte dazu nutzen, um Vertrauen aufzubauen, oder Du nutzt Wort, um Unsicherheit zu erzeugen und Unzufriedenheit zu verstärken. Für beides habe ich heute ein Beispiel für Dich. Daraus ergeben sich fünf Punkte, die Du bei der Kommunikation am Service-Desk beachten darfst.
In den letzten Wochen und Monaten hatte ich immer wieder Kontakt mit verschiedenen Service-Organisationen. Dabei sind mir Unterschiede in deren Kommunikationsverhalten aufgefallen. Dabei konnte ich beobachten, was diese Kommunikation mit mir als Nutzer in diesem Moment macht. Darüber möchte ich heute mit Dir sprechen.
Lass uns mit meinem letzten Erlebnis beginnen.
Folgende Situation am 6. Februar: Ich war gerade dabei die Buchhaltung für den Monat Januar zu erledigen und kam mal wieder an zwei, drei Stellen meines Buchhaltungsprogramms vorbei, an denen aus meiner Sicht die Usability ziemlich schlecht ist. Keine Ahnung warum ich gerade dieses Mal den Kontakt zum Support suchte.
Das erste Problem: Es gab keinen Chat mehr auf der Seite. Bisher konnte ich mit dem Support chatten, was natürlich wesentlich unkomplizierter ist, als wenn ich mich durch drei, vier Menüpunkte durchklicken muss, um ein Ticket zu öffnen.
Erster wichtiger Punkt für Dich: Mach es den Nutzern so einfach wie möglich, mit Dir Kontakt aufzunehmen. Beachte dabei deren individuelle Situation und Herausforderungen. Nicht immer ist der Chat die beste Lösung, um bei dem Beispiel zu bleiben.
Die Eingangsmail des Grauens
Nachdem ich das Ticket abgesendet hatte, kam natürlich die übliche Bestätigungsmail mit der Ticketnummer. Die habe ich natürlich nicht beachtet, weil da in der Regel nicht viel Sinnvolles drin steht. Genau das ist aber schade!
Der erste Teil ist gut!
Vielen Dank für deine Anfrage bei xyz.
Aus deiner Anfrage wurde ein Ticket erstellt und einem Mitarbeiter zugewiesen.“
Ich bekomme genau die Information, die mir Sicherheit gibt: Die Mail ist angekommen und wurde einem Mitarbeiter zugewiesen.
Damit war es mit dem guten Teil des Beispiels leider schon vorbei. Keine näheren Informationen: Bis wann wird das bearbeitet? Wann meldet sich jemand? Nichts, ist angekommen und nun gucken wir mal.
Das ist doch nicht mein Problem
Schlimmer wird es noch bei einem Absatz, der sich unter der Zusammenfassung meiner Anfrage befindet. Da steht:
Jedoch erreichen uns aktuell außergewöhnlich viele Anfragen. Daher kann die individuelle und sorgfältige Bearbeitung deines Anliegens momentan länger als gewohnt dauern.
Wir bedanken uns für dein Verständnis und versprechen, dass wir uns mit viel Hingabe und hochgekrempelten Ärmeln um deine Anfrage kümmern werden.“
Mal abgesehen von den sprachlichen und grammatikalischen Fehlern sind die Sätze ein Witz. Da wird versucht dem Empfänger zu suggerieren, dass man einen ganz tollen Support liefert und von diesem Anspruch auch aufgrund der vielen, vielen Anfragen nicht abweicht. Signalwörter wie „individuelle und sorgfältige Bearbeitung“ gehen ja noch, aber „gebührend Aufmerksamkeit“ oder „viel Hingabe und hochgekrempelte Ärmel“ sind definitiv zu viel und ein Teil der Empfänger wird sich genauso verarscht vorkommen wie ich.
Im Grunde können sich zwei Dinge hinter diesem Satz verbergen:
- Unser Produkt ist aktuell so mistig, dass die Leute uns so viele Tickets schicken, dass wir nicht mehr hinterherkommen, oder
- Mit unserem Marketing haben wir so viel verkauft und Geld gescheffelt, aber die Anzahl der Supporter ist gleich geblieben.
Ich übertreibe natürlich. Allerdings steckt letztlich ein schlechtes Kapazitätsmanagement dahinter. Die Wartezeiten beim Support sind schon länger auf dem schlechten Niveau.
Zusätzlich verstärken diese Sätze mein Gefühl, dass es wohl etwas dauern wird, bis ich eine Antwort bekomme. Hätte ich ein wirkliches Problem, welches mich von der Erstellung der Buchhaltungsunterlagen für den Steuerberater abhalten würde, ich wäre nun leicht panisch und würde nach Möglichkeiten der Eskalation suchen.
Zweiter wichtiger Punkt für Dich: Kommuniziere verbindlich und ohne schwülstige Wörter. Sag dem Nutzer konkret, was der nächste Schritt ist und wann er das nächste Mal von Dir hören wird. Das ist aus meiner Sicht essenziell, denn damit versetzt Du den Nutzer in die Lage, die Situation zu bewerten und vermeidest Unsicherheit.
Dritter wichtiger Punkt für Dich: Sorge dafür, dass Dein Service-Desk die richtige Kapazität hat und auch die Ressourcen für das Incident-Management oder Request-Fulfillment vorhanden sind. Die Menschen machen selten aus Langeweile ein Ticket auf. Die haben ein Problem und wollen weiter arbeiten. Hilf ihnen dabei!
Eine Möglichkeit, den Nutzern direkt zu helfen, wäre beispielsweise in der Mail gleich ein paar Links zu passenden!!! Artikeln der Knowledgebase zu senden.
Auch hier versagt mein Anbieter leider. Im PS der Mail heißt es nur:
Du möchtest lieber eine ausführliche Erklärung zum Funktionsumfang von xyz? Dann schau dir doch am Besten unsere aufgezeichneten Webinare an.
Alternativ kannst du auch unser Forum besuchen, um zu sehen, ob deine Fragen dort bereits beantwortet wurde.“
Hilft mir nicht und ich denke, dass nur ganz wenige Menschen hier irgendwas klicken werden.
Vierter wichtiger Punkt für Dich: Wenn es Dir technisch möglich ist und nur dann!!! sende den Anfragenden Links zu Artikeln oder Videos, die wirklich was mit dem gemeldeten Problem zu tun haben. Wenn es da nichts gibt, dann lass es. Einige ITSM-Tools beherrschen so was schon halbwegs gut.
Fünfter wichtiger Punkt für Dich: Lass Deine Mails auf Rechtschreibung, Formulierung und Grammatik prüfen. Die Mail liegt so in meinem Posteingang.
Die Vertröstung
Das war die Ticketeingangsmail. Diese hat vor allem die Funktion, dass der Nutzer sieht, dass seine Anfrage beim Support angekommen ist. Das ist O. K.. Damit das gut wird, füge bitte noch Informationen hinzu, wie es weitergeht und gib einen konkreten Termin für die nächste Information an.
Damit vermeidest Du Unsicherheit beim Nutzer und gibst ihm die Möglichkeit Dir Bescheid zu geben, dass es doch dringender ist. Damit vermeidest Du viel Hektik, weil der Nutzer nach einem Tag nicht empört anruft und eine sofortige Lösung fordert. Ihr könnt das sinnvoll klären.
Drei Tage später kommt eine Mail mit dem Betreff: „Vielen Dank für deine Geduld!“ Ähh – nein.
Also in meinem konkreten Fall ist mir das egal. Wenn ich mir vorstelle, dass ich ein wirkliches Problem habe, dann ist dieser Betreff ein Hohn. Ich habe keine Geduld, ich muss ja warten.
Dann kommt wieder die Mitleidsnummer, die ich Dir schon oben vorgelesen habe:
Wir möchten dir aber versichern, dass deine Anfrage bei uns individuell und sorgfältig bearbeitet wird, auch wenn die Antwort etwas auf sich warten lässt.
Du brauchst dir also keine Sorgen machen, denn wir kümmern uns auf jeden Fall mit viel Engagement um dein Anliegen.
Vielen Dank für dein Verständnis.“
Aha, ihr gebt Euer bestes und schafft es trotzdem nicht, meine kleine Anfrage binnen drei Tagen zu beantworten. Okayyyy. Soll ich den Anbieter wechseln?
Konkrete Informationen
Bitte verstehe mich nicht falsch: Ich bin sehr dafür, dass Verzögerungen so schnell wie möglich kommuniziert werden. Aber bitte richtig: Auch hier gilt es wieder, Verbindlichkeit aufzubauen und dem Nutzer einen konkreten Ausblick zu geben, wann was passieren wird. Du kennst die Ansage in der Warteschleife: „Es sind noch 35 Anrufer vor Ihnen.“ Die ist konkret und unbestimmt zu gleich. Sie versetzt mich aber in die Lage Entscheidungen zu treffen: Lege ich auf oder nicht. Warte ich oder nicht. Es nimmt mir die Unsicherheit – insbesondere wenn es dann nach 5 Minuten nur noch 32 sind.
Fünfter wichtiger Punkt für Dich: Kommuniziere konkrete Fakten, die es dem Nutzer erlauben, Entscheidungen zu treffen.
7 Tage lang höre ich nun nichts und dann kommt die Antwort per Mail.
Natürlich beginnt die wieder mit dem Verweis auf die fehlenden Kapazitäten. Nochmal: Das ist nicht mein Problem. Du als Anbieter darfst sicherstellen, dass auch bei einem erhöhten Aufkommen von Anfragen, die vereinbarten Qualitätskriterien oder internen KPIs eingehalten werden.
Ich habe mich jetzt ein wenig in Rage geredet. Es ist nicht mein Ziel, den Anbieter hier in die Öffentlichkeit zu ziehen und meinen Frust loszuwerden. Nein, deswegen habe ich hoffentlich alles unkenntlich gemacht, was auf ihn hinweist.
Nein, es geht mir darum, dass Du eine Idee bekommst, was diese Kommunikation mit den Nutzern macht.
So geht es viel besser
Natürlich möchte ich Dir noch ein positives Beispiel geben, von dem Du Dir einiges abgucken kannst:
Anfang des Jahres an einem Samstag mit Schnee und Kälte: Das Auto meiner Frau sprang nicht an und was habe ich getan: Ich habe den ADAC gerufen. Über die ADAC-App. Deswegen kann ich das hier für Dich so gut dokumentieren:
Nachdem ich den Hilferuf abgesendet hatte, kam 2 Minuten später die Eingangsbestätigung:
Ganz klar und in einfachen Worten formuliert: Das wichtigste steht oben: Hilfe wird organisiert. Da steht nichts von Eingangsbestätigung und Ticketnummer. Nein, die wichtigste Botschaft steht im Betreff.
So gut geht es dann weiter:
- Ein Mitarbeiter kümmert sich um den Auftrag – nicht um die Anfrage, nein es ist ein Auftrag
- Innerhalb von 60 Minuten kommt Hilfe
- Der meldet sich vorher per Telefon, damit wir uns auch finden
Richtig gut: Ich weiß genau wann es weitergeht. Die Angst, dass mich der Pannenhelfer vielleicht nicht findet, wird mir auch gleich genommen, weil er mich vorher anruft und ich ihm erklären kann, wo ich genau stehe.
Was passiert bei Verzögerung?
Jetzt war für mich die Frage, was passiert, wenn die 60 Minuten nicht gehalten werden können? Mir ist schon klar, dass nicht vorhersehbar ist, wie lange die Einsätze dauern, die vor mir sind. Deswegen hat der ADAC auch mit „schnellstmöglich“ noch einen kleinen Weichmacher eingebaut.
Ich war neugierig. 2 Minuten, bevor die 60 Minuten vorüber waren, kam die nächste Nachricht in der App:
Wieder die wichtigste Botschaft im Betreff: „Hilfe ist unterwegs.“ Das nimmt so viel Druck und Unsicherheit aus den Menschen. Das ist richtig gut gemacht.
Dann die Informationen, dass es noch circa 20 Minuten dauert und wieder der Hinweis auf den kommenden Anruf des Pannenhelfers.
Hast Du was gemerkt, kein Gejammer, dass es gerade länger gedauert hat oder viele Pannen aufgrund der Kälte vorliegen. Nein, einfach nur klare Informationen, wie es weitergeht. Genau, dass was ich in meiner Situation brauchte.
Wenige Minuten später meldete sich dann der Pannenhelfer und ich konnte an dem Tag noch Einkaufen fahren.
Fazit
Diese beiden Beispiele zeigen, welchen Unterschied eine durchdachte und gut formulierte Kommunikation beim Nutzer machen. Eine gute Kommunikation am Service-Desk ist:
- enthält genau die Informationen, die für den Nutzer in diesem Moment relevant sind
- zeigt die konkreten nächsten Schritte und quantifiziert die Erwartungshaltung bspw. in Bezug auf die Dauer, bis Hilfe kommt
- ist leicht und verständlich formuliert
- alles überflüssige Geschwafel fehlt
Solche Mails zu erstellen, das geht nicht mal zwischen Tür und Angel. Ich denke, da hat der ADAC schon einige Tage dran gesessen. Was dem ADAC dabei sicher geholfen hat, ist, dass seine Leistung ganz klar definiert und dokumentiert ist. Die Services, die der ADAC erbringt, sind klar. Der ADAC kennt seine Nutzer und weiß, was diese bewegt, wenn sie sich an ihn wenden.
Alles Punkte, die wir in der IT mit einem Servicekatalog auch erreichen können.