ITSM-Prozess einführen, verändern und optimieren – im Mittelstand

Hey Joe ist wohl nach wie vor die beliebteste Organisationsform einer IT im mittelständischen Unternehmen. Das ist auch kein Problem, wenn die gewünschten Ergebnisse geliefert werden. Also wenn der Betrieb reibungslos funktioniert, der Support klappt und neue Projekte schnell umgesetzt werden. Ist dem nicht so, dann bedarf es einer Veränderung. Das Etablieren von ITSM-Prozessen kann dabei ein adäquates Werkzeug sein. Das ist leicht gesagt - die Umsetzung ist meist nicht so einfach. Insbesondere, weil häufig das Verständnis oder die Einsicht fehlt, dass eine Veränderung notwendig ist. Dafür gebe ich Dir heute Impulse.


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Vielleicht kennst Du die Situation: Du hast in den letzten Monaten oder Jahren ein Vorgehen für das strukturierte Bearbeiten von Incidents und Service-Requests eingeführt und etabliert. Dass es ein Ticket braucht, welches auch ordentlich gepflegt wird, hat sich inzwischen etabliert. Es sind positive Veränderungen spürbar und der Widerstand der Mannschaft ist nahe null.

Erst einmal herzlichen Glückwunsch! Insbesondere in einer IT-Abteilung eines mittelständischen Unternehmens. Dort habe ich das Gefühl ist das Etablieren von Strukturen schwieriger als in größeren Unternehmen. Das hat meiner Beobachtung noch auch etwas damit zu tun, dass das Unternehmen selbst noch wenig Prozesse hat.

Eine weitere Ursache ist, dass wir im Mittelstand häufig nicht mit so viel Personal ausgestattet sind. Dass es keinen Menschen gibt, der sich mit einem großen Teil seiner eigenen Kapazität um die Steuerung der IT kümmert. IT-Leiter im Sinne von Messen und Steuern ist ja viel zu häufig ein Nebenjob.

Angespornt von dem genannten Erfolg, möchtest Du jetzt Change- oder Problem-Management etablieren. Oder beides. Wie gehst Du dabei vor?

Zu dieser Frage gebe ich Dir heute ein paar Impulse. Lass Dich bitte inspirieren und prüfe, was davon für Dich relevant ist.

Selbstzweck oder Lösung

Change-Management ist Mittel zum Zweck. Was möchtest Du damit erreichen? Mach Dir bitte im ersten Schritt klar, was das ist. Also das Ziel. Am besten Du hast ein Bild, wie Deine IT-Organisation mit etabliertem Change-Management funktioniert und welche positiven Auswirkungen das auf das gesamte Unternehmen hat.

Wir sind viel zu schnell bei der Lösung. Wir machen uns zu wenig Gedanken, um das, was wir damit erreichen wollen. Genau die Klarheit brauchst Du selbst, um auf Kurs zu bleiben. Du brauchst sie noch viel mehr, wenn Du Deine Mannschaft davon überzeugen möchtest, mitzuziehen.

Dir wird es wesentlich leichter fallen, andere Menschen von Deiner Lösung zu überzeugen, wenn sie verstehen, was das Ziel ist und für sich selbst zur Erkenntnis kommen können, dass Change-Management dafür eine gute Lösung ist.

Warum nicht später?

Im gleichen Atemzug darfst Du den Grund für die Veränderung klären. Also warum gerade jetzt? Warum nicht nächstes Jahr? Was macht es so dringend, dass wir das jetzt angehen wollen. Das englische Wort „urgency“ – die Dringlichkeit – trifft es wunderbar.

Das Problem ist, dass wir alle viel zu tun haben und viele Dinge gleichzeitig auf dem Schirm haben. Also fragt sich jeder, warum denn das jetzt noch. Je klarer das für Deine Kolleg*innen ist, umso besser.

Das zusammen könntest Du auch den Business-Case für die Veränderung nennen. Mag ich allerdings nicht so gern.

Viel besser ist, wenn Du nun alle relevanten Personen an Bord holst und ihnen im nächsten Schritt klar aufzeigst, was die ganz konkreten Auswirkungen des Change-Managements sind. Das gilt insbesondere für den Sponsor, den Du vielleicht als Unterstützung und Verstärker innerhalb Deines Unternehmens gewinnen möchtest. Für den gilt natürlich auch das, was ich zu Ziel und Grund gesagt habe.

Der Weg ist das Ziel

Damit Du die richtigen Ansätze für die Einführung von Change-Management findest, kann es sich lohnen, wenn Du Dir die kritischen Erfolgsfaktoren Deines Vorhabens anschaust. Am besten einmal Du selbst und einmal mit den betroffenen Menschen.

Also was sind die Einflussfaktoren, damit Du Dein Ziel erreichen kannst? Was muss getan werden, damit Du erfolgreich bist. Im Grunde vergleichbar mit den „key results“ bei OKR. Dein Ziel ist das „objective“ und die kritischen Erfolgsfaktoren sind die „key results“, die zu liefern sind.

Dabei werdet ihr wahrscheinlich auch darauf stoßen, dass die Kritiker innerhalb der IT bearbeitet werden müssen. Ich sage bewusst nicht mitgenommen. Ich meine, das minimale Ziel darf sein, dass die Kritiker zumindest nicht aktiv dagegen arbeiten. Du wirst nicht alle Kritiker überzeugen. Schon gar nicht im Vorfeld des Vorhabens. Deswegen mache Dir klar, dass es schon gut ist, wenn sie nicht gegen Dich arbeiten.

Fortschritt messen & steuern

Anhand der kritischen Erfolgsfaktoren und dem Ziel selbst kannst Du Messwerte ableiten. Oder in diesem Fall sogar besser: KPI – Key Performance Indicators. Anhand derer kannst Du messen oder beobachten, ob Du auf dem richtigen Weg bist und wann das Ziel erreicht ist. Das ist wichtig, sonst ist das ja wie Autofahren ohne Tacho.

Auch da darfst Du nicht übertreiben und genauso wenig ohne KPIs die Veränderung angehen.

Du fragst Dich bestimmt, ob wir nun endlich zur Umsetzung kommen. Naja doch – lass uns einen ersten Schritt gehen:

Je kleiner eine Organisation ist, in der ich Change-Management etablieren möchte, umso wichtiger ist, dass Ihr schrittweise vorgeht. Am Anfang überlege ich immer gern, was ist die kleinste Veränderung, die einen messbaren Fortschritt in Richtung des Ziels bringt?

Schritt für Schritt

Wie sieht die erste Version des Change-Managements ganz konkret aus? Das hat den Vorteil, dass sich alle nicht zu sehr bewegen müssen. Der befürchtete Overhead gering bleibt und ihr schnell Erfolgserlebnisse erzielen könnt.

Also sowas wie das „minimum viable product“ (MVP) im Marketing. Auf deutsch: „minimal brauchbares Produkt“. Gemeint ist damit die kleinste Lösung einer Produktidee, die für sich stehend funktionsfähig ist und Feedback generieren kann. Genau das wollen wir mit der ersten Version des Change-Managements ja auch erreichen: Wir wollen Erfahrungen sammeln, Feedback bekommen und uns von da weiterentwickeln.

Allerdings empfehle ich Dir nicht nur die erste Version zu planen, sondern auch schon die nächsten Schritte bis zum Ziel. Selbstverständlich mit weniger Aufwand und Genauigkeit im Vergleich zum ersten Schritt.

Machst Du das nicht, ist die Gefahr sehr groß, dass es bei dem ersten Schritt bleibt. Es hat sich ja was verbessert und was soll jetzt noch kommen? Hast Du dagegen die weiteren Schritte im Plan, kannst Du aufgrund der gesammelten Erfahrungen den nächsten Schritt anpassen und umsetzen. So kommst Du wirklich Schritt für Schritt vorwärts.

Verkünde die Botschaft

Je größer Deine IT-Abteilung wird, umso mehr darfst Du Dich noch mit dem für heute letzten Punkt beschäftigen: Marketing. Marketing im Sinne, dass Du alles darauf ausrichtest, das Ziel zu erreichen. Also Maßnahmen, damit Deine Kolleg*innen das Warum und das Warum jetzt verstehen. Im Sinne der aktiven Begleitung, um so schnell wie möglich die Umsetzung durchzuführen. Im Sinne von der Förderung des richtigen Verhaltens der einzelnen Menschen.

Apropos Verhalten. Da habe ich noch einen Punkt für Dich: Konsequenz.

Konsequenzen

Das Etablieren von ITSM-Prozessen scheitert oft daran, dass es keine Konsequenzen gibt, wenn sich Menschen nicht so wie gewünscht verhalten. Beispiel: Wir haben uns darauf verständigt, dass jeder Change aufgezeichnet werden muss. Mitarbeiter A macht das konsequent seit drei Monate nicht. Du hast vor einem Monat aufgegeben, darüber zu meckern. Dann wird sich daran nichts ändern.

Andere Kolleg*innen, die auch keine Lust darauf haben, werden das mitbekommen.

Das konsequente Durchsetzen der Veränderung ist wichtig. Überlege Dir bitte im Vorfeld Eskalationsstufen, wenn etwas so nicht läuft, wie es laufen soll. Das gibt Dir Sicherheit und verdeutlicht Deine Ernsthaftigkeit.

Fazit

ITSM-Prozesse zu etablieren, zu optimieren oder zu verändern hat meist recht wenig mit dem Prozess an sich zu tun. Hast Du Klarheit über die genannten Punkte und kannst Sie als Geschichte vermitteln, dann steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit und damit die Wirksamkeit enorm.

Auch für diese Folge habe ich mich von einer Session aus dem Servicenerds.Camp inspirieren lassen. Du kannst Dir Deinen Platz für das nächste Camp unter www.servicenerds.camp sichern. Ich würde mich freuen, wenn wir uns dort sehen!

Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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