Warum Deine IT ein Betriebsmodell braucht

Wir machen uns zu wenig Gedanken darüber, wie eine IT funktionieren soll. Sie ist da und es läuft ja. Irgendwie. Ich habe immer wieder das Gefühl, das ist nur Glückssache. Einen Plan kann ich selten ausmachen. Vielleicht liegt das auch daran, dass es sich anscheinend meist um ein "moving target" handelt. Das Ziel nicht klar ist und sich je nach Priorität verändert. Dass das auch anders geht, möchte ich heute mit Dir besprechen.


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Stell Dir vor, ich komme mit viel Geld zu Dir und möchte, dass Du für mich Elektrofahrräder produzierst. Ich sage Dir genau, was die Fahrräder leisten sollen und welche anderen Erwartungen ich an das Produkt habe. Vielleicht verrate ich Dir auch noch, was ich bereit bin, dafür auszugeben.

Was machst Du jetzt?

Du würdest Dich wahrscheinlich um den Aufbau der Produktion kümmern. Du würdest Dir überlegen, welche Teile Du für das eBike brauchst. Du würdest schauen, welche Hersteller das liefern können und wie Du die Geschäftsbeziehung mit diesen gestalten willst.

Ein weiteres Thema ist die Frage, welches Personal Du benötigst. Welche Skills müssen die haben. Wie gestaltest Du den organisatorischen Aufbau des Unternehmens und die Führung? Dann kommt automatisch die Frage, wie Du das Personal rekrutierst und dann an das Unternehmen bindest.

Klar überlegst Du Dir, wie die Prozesse aussehen. Welche brauchst Du für diesen konkreten Fall. Da ich Dir alle Elektrofahrräder abnehme, musst Du Dir über Marketing und Vertrieb keine Gedanken machen. Dafür umso mehr über Produktion und Qualitätssicherung. Auch über den Kundenservice.

Dann darfst Du natürlich schauen, welche Maschinen Du für die Produktion benötigst. Welche Arbeitsplätze gibt es und wie werden die ausgestattet. Du überlegst, wie Du die Produktion, den Teileeinkauf und den Kundenservice steuern willst. Welche Software brauchst Du dafür und wie muss die Datenhaltung aussehen.

Wenn Du das alles weißt, dann fehlt noch die richtige Lokation, in der Du Deine Produktion, Dein Lager und die Verwaltung unterbringen kannst. Wie soll die Produktionshalle aussehen, damit der Flow optimal funktioniert? Wie willst Du die Büros gestalten?

Ganz zum Schluss überlegst Du Dir noch, wie Du das Gesamte steuern möchtest. Ich nehme Dir natürlich nur einwandfreie Ware ab. Dementsprechend brauchst Du Steuerungsmechanismen, die Dir Informationen liefern, mit denen Du arbeiten kannst.

Hätte ich nach der Frage nicht einfach weitergesprochen, Du wärst auf ganz viele Punkte von selbst gekommen. Der Rest wäre Dir mit der Zeit eingefallen.

Gehst Du alle diese Punkte durch, dann kommst Du recht schnell zu einer funktionierenden eBike-Produktion.

Betriebsmodell für eBike-Produktion

Das, was Du Dir hier erarbeitet hast, nennen wir ein Betriebsmodell oder im englischen Operation Model. Laut Wikipedia  ist „ein Betriebsmodell sowohl eine abstrakte und visuelle Darstellung (Modell) der Art und Weise, wie eine Organisation ihren Kunden oder Nutznießern einen Mehrwert bietet, als auch der Art und Weise, wie eine Organisation selbst funktioniert.

Auf oberster Ebene ist es eine abstrakte und visuelle Darstellung. Damit ist es für Dich der Ausgangspunkt, um in weiteren Iterationen das Betriebsmodell immer feiner auszuarbeiten. Wie detailreich und wie tief hängt von der jeweiligen Notwendigkeit ab.

Was antwortest Du mir, wenn ich Dich jetzt frage, ob Deine IT ein solches Betriebsmodel hat?

Also ein IT-Betriebsmodel. Keine Sorge, wenn Du jetzt mit nein antwortest, dann bist Du in gute Gesellschaft. Ich habe bisher nur sehr selten ein Ja auf diese Frage bekommen.

Dabei ist doch IT nichts anderes als eine Produktion. Alle Punkte, die ich genannt habe, kannst und darfst Du für die IT definieren und umsetzen.

Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass das Betriebsmodell auf Basis des Geschäftsmodells entwickelt wird. Ich habe schon mal in einer Folge postuliert, dass die IT ein Geschäftsmodel braucht.

Darauf möchte ich heute nicht mehr eingehen, sondern für uns reicht es, wenn wir uns darauf konzentrieren, das klar ist, welchen ganz konkreten Mehrwert die IT in Deinem Unternehmen liefern soll.

Betriebsmodell für die IT

Wenn von Dir PC-Hausmeisterei erwartet wird, dann sieht Dein Betriebsmodel anders aus, als wenn erwartet wird, dass Du alle Geschäftsprozesse verstehen und digitalisieren sollst.

Denn das hat Auswirkungen auf alle Bereiche Deines Betriebsmodells.

Du brauchst andere Menschen, Du brauchst andere Prozesse, eine andere Organisationsform, Du brauchst andere Informationen und Informationssysteme. Du brauchst andere Lieferanten und eine andere Zusammenarbeit mit denen. Selbst auf die notwendigen Lokationen hat es Auswirkungen. Auch das Steuerungssystem wird sich unterscheiden.

Du siehst, es ist sehr wichtig, dass Dein Unternehmen Klarheit hat, welche IT es haben möchte. Das ist die Basis, dass Du die richtigen Entscheidungen treffen kannst.

Warum rede ich heute über das Betriebsmodell. Vor einigen Wochen habe ich auf LinkedIn einen Beitrag des itSMF gelesen. Überschrift des verlinkten Artikels ist „Cyberkriminalität im ITSM Kontext“.

Das regte wieder meinen Schmerz an, wenn einzelne Disziplinen als Silos betrachtet werden: Hier ITSM, da Projektmanagement, dort Sicherheit und so weitere. Alle kochen ihr Süppchen, haben ihr Daten und Metriken. Ja, das funktioniert, aber halt nur semi-gut.

Ich plädiere hier für einen Fokuswechsel. Weg von der Disziplin, hin zum Blick auf das, was von der IT erwartet wird. Alle Disziplinen spiegeln sich in den einzelnen Punkten des Betriebsmodells wider. So kannst Du sicherstellen, dass auch alle relevanten Aspekte betrachtet werden. So kommst Du zu einem integrierten Managementsystem.

Was gehört zum Betriebsmodell?

Das Schöne ist nämlich, dass Du im Betriebsmodell den Bereich „Management System“ mit betrachtest. In diesem Teil beschäftigst Du Dich mit Governance-Strukturen, um die Ziele zu planen und festzulegen, Entscheidungen zu treffen, Verbesserungen voranzutreiben und die Leistung zu steuern. Da spielen dann alle relevanten Einflussfaktoren wie Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, ITSM, Datenschutz und was sonst noch für Dein Unternehmen relevant ist, eine Rolle.

Das Management-System ist eine der sechs Komponenten des Betriebsmodells. Es wirkt übergreifend über die fünf anderen. Diese sind:

Valuestreams / Prozesse: Welche Valuestreams und Prozesse braucht Deine IT, um den Mehrwert für das Unternehmen zu realisieren. Wie sehen diese aus? Neben dem konkreten Angebot der Organisation – bei uns sind das die Services – sind Prozesse das Herzstück Deiner IT-Organisation. Bitte denk daran, dass es zu jedem Prozess auch Regeln bedarf. Sonst wird das schwierig.

Organisation: Hier geht es darum, wie Deine IT aufgebaut und strukturiert ist, um mit den Prozessen den Mehrwert verschwendungsarm zu liefern. Das heißt, wir reden über die Aufbauorganisation und wir sprechen darüber, wie die Zusammenarbeit erfolgt. Natürlich spielt auch das Führungsmodell eine entscheidende Rolle. Wir gehen hier so weit, dass wir uns Gedanken machen, welche Menschen mit welchen Skills wir benötigen.

Lokationen: Welche Lokationen brauchst Du, um Deine Services zu erbringen? Ein eigenes Rechenzentrum? Büros? Auch das hängt davon ab, was der erwartetet Mehrwert ist und wie dieser in Deiner Organisation erbracht wird.

Informationen: Welche Systeme und Informationen benötigst Du als IT, um Deine Leistung effizient zu erbringen? Hier geht es um das, was Du brauchst, damit alles läuft. Also so etwas wie das ITMS-Tool, Monitoring, die CMDB und was sonst noch notwendig ist. Es geht auch um die Informationen an sich. Also was muss alles in die CMDB, damit alles optimal funktioniert.

Lieferanten: Um den Mehrwert zu liefern, wirst Du Lieferanten und Provider benötigen. Abhängig davon, welche IT Du für Dein Unternehmen sein sollst, werden das unterschiedliche sein. Das beschreibst Du hier. Du definierst auch, wie Du mit Deinen Lieferanten zusammenarbeitest.

Wenn Du diese sechs Punkte ordentlich definierst und in der notwendigen Detailtiefe ausarbeitest, dann hast Du das sogenannte Target Operating Model – TOM. Du kennst den Zielzustand. Jetzt kannst Du ganz konkrete Maßnahmen ableiten, um von der heutigen Situation zum TOM zu kommen. Du kannst Messwerte ableiten, um diese Transformation zu beobachten.

Genau das macht für mich den Reiz des Betriebsmodells aus. Ich beschäftige mich immer wieder damit, nehme Anpassungen vor und weiß so immer genau, wie ich meine Organisation weiterentwickle.

Meine Aufforderung an Dich: Kläre, welche IT Dein Unternehmen haben möchte und welcher Mehrwert von Euch erwartet wird. Nimm das als Basis und erarbeite das passende Betriebsmodell.

Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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