Die Kernaufgaben der IT
Mein werter Kollege Jochen Dedek weilt momentan in den Staaten bei der OpenText Enterprise World. Sein Blog zum zweiten Tag der Veranstaltung hat mich zum Nachdenken angeregt. Warum? Weil da drin zwei grundsätzlich schädliche Ansätze beschreibt. Er spricht vom „Hase-und-Igel-Spiel“ zwischen IT und Business, ja sogar von einem „Wettlauf, den die IT nie beenden (und schon gar nicht gewinnen) kann, da sie mit anderen Innovations- und Investitionszyklen unterwegs ist, als das Business.“ Das ist eine treffliche Zustandsbeschreibung, bei der sich mir die Haare zu Berge stellen. Es ist einfach nicht mehr sinnvoll IT und Geschäftsbetrieb voneinander zu trennen. Gleich die Frage hinterher: War das jemals sinnvoll?
Das Ergebnis dieses Paradigmas ist, dass sich die Kollegen vor allem auf das T(echnologie) in IT konzentrieren. Die IT beschäftigt sich vor allem mit Betrieb und Fortentwicklung von Basisinfrastruktur. Geschätzte 50% des IT-Budgets gehen dafür drauf. Das ist falsch investiertes Geld. Es gibt am Markt Unternehmen, die das (meist) besser und günstiger können, weil sie sich auf ein bestimmtes Lösungsportfolio konzentrieren: Infrastruktur, SAP, Datenbanken usw. Daraus leitet sich eine der drei Kernaufgaben der IT im Unternehmen ab: Entwicklung angemessener Sourcingstrategien. Leistungen, die von Externen besser und günstiger erbracht werden, sollten auch dort eingekauft werden.
Kernaufgaben der IT
Damit einher geht die zweite Kernfunktion: Provider- und Servicemanagement. Die internen Anforderungen und die externen Leistungen müssen definiert, abgestimmt, gepflegt und letztlich auch kontrolliert werden. Auch wenn es IaaS (Infrastructure as a service) heißt, ist Infrastruktur noch lange kein Service! Aufgabe ist die Definition von geschäftsfokussierten IT-Diensten. Dienste wie „Rechnung drucken“ oder „LKW Abfertigung“. Natürlich nicht im stillen Kämmerlein, sondern im kontinuierlichen Dialog mit den Prozessverantwortlichen und den Kollegen, die täglich die Prozesse zum Leben erwecken.
Das führt zur dritten Kernaufgabe: Da fällt es mir jetzt schwer einen richtigen Begriff zu finden, ohne IT-Business-Alignment zu bemühen. Es geht darum, frühzeitig die Anforderungen der Geschäftsprozesse, die anstehenden Änderungen und die Probleme zu erfassen und diese IT-seitig zu unterstützen, begleiten und zu verbessern. Wir brauchen in den Unternehmen dazu keine Administratoren, sondern die Rolle des Business-Analyst. Dies ist die dritte Kernaufgabe. Ich spreche mal von Geschäftsprozess- und Anforderungsanalyse.
Ich denke, dass es sinnvoll ist, wenn es in jeder Geschäftseinheit auch den entsprechenden Skill gibt. Nicht eine IT-Einheit, sondern verteilt in den Fachbereichen. Der CIO gehört auf die höchste Leitungsebene im Unternehmen. Gleichberechtigt mit CEO und CFO. Eine eigene Einheit bilden dabei das Provider-, Servicemanagement und die Governance inkl. Datenschutz und Sicherheit. Die Rolle des Business-Analyst ist auch dort angesiedelt.
Die Folge des aktuellen Zustands ist die Schatten-IT. Mit Cloud und Co. natürlich ein wirklich leichtes Unterfangen. Egal ob OpenText nun entsprechende Bausteine anbietet, auch das ist grundsätzlich die falsche Lösung. Nicht gegeneinander, sondern miteinander muss gearbeitet werdem. Damit das funktioniert, muss sich ein Unternehmen auch mit den Themen Prozess- und Architekturmanagement auseinandersetzen. Eine Ursache für die quälend langsame Veränderung in der Applikationslandschaft ist das Fehlen beider Disziplinen. Wenn niemand weiß, was alles betroffen ist, wenn sich ein Geschäftsmodell oder ein Prozess ändert, braucht man sich über den Rest auch nicht wundern.
Überblick bekommen
Mit dem Konzept des Business-Service-Management und / oder OBASHI lässt sich dieses Thema auch für mittelständische Unternehmen beherrschbar umsetzen. OBASHI steht für: Organization, Business Process, Applikation, System, Hardware und Infrastructure. Dabei entstehen verschiedene Abbildungen, die es ermöglichen die Auswirkung von Änderungen, egal an welcher Stelle, sehr schnell zu erfassen.
Sourcing, Provider- und Servicemanagement und Geschäftsprozessanalyse / Anforderungsmanagement sind die drei Kernfunktionen, die IT-seitig im Unternehmen ausgeprägt sein müssen. IT-Betrieb gehört heute nicht mehr dazu. Zusammen mit einer ordentlichen Servicedefinition, der Providerkontrolle und einem aktiven Architekturmanagement kann ein Unternehmen sehr schnell und geordnet auf Änderungen im Geschäftsmodell oder den Prozessen reagieren. Es kann nach einer gewissen Zeit noch viel mehr: Das Unternehmen wird in die Lage versetzt zu agieren.