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ITIL ja bitte, aber anders

Mein Motto lautet: So viel ITIL wie nötig,  so viel gesunder Menschenverstand wie möglich!
Woher kommt der Satz? Was hat mich geprägt? Warum bin ich überzeugt, dass das notwendig ist.  Diese Fragen möchte ich gleich am Anfang meines Blogs beantworten.

Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben viele unterschiedliche Elemente der IT-Service-Kette aktiv kennengelernt. Ich habe als Administrator begonnen, danach komplexe IT-Infrastrukturen geplant, in den Betrieb überführt und den internen oder externen Provider „gesteuert“. Danach habe ich als Infrastruktur- und Securityconsultant gearbeitet. In diesen verschiedenen Rolle beschäftige ich mich mit ITSM seit über 14 Jahren. Den theoretischen Grundstock legten die Ausbildungen zum ITIL-Servicemanager und ITIL-Expert. Das Tolle an meiner Tätigkeit als Berater ist die Möglichkeit viele unterschiedliche Unternehmen ziemlich genau kennenzulernen. Insbesondere Ihre Art IT-Leistungen zu erbringen. Das ist fürchterlich interessant und öffnet den Blick jenseits der Theorie.

Das wichtigste was ich bisher gelernt habe: Unternehmen sind unterschiedlich. Jedes Unternehmen hat eigene Anforderungen an die IT-Dienste. Jede IT-Abteilung hat individuelle Stärken und Schwächen. Aber vor allem: Der Ausgangspunkt einer Verbesserung ist immer ein anderer. Das Abarbeiten einer Best Practice oder das Umsetzen was beim letzten Kunden geholfen hat, funktioniert nicht. Erfolg gibt es nur, wenn alle an einem Strang ziehen und einen persönlichen Nutzen sehen.

ITIL kann man nicht einführen

Ich glaube ich habe meinen Tick wegbekommen, als ich das erste Mal hörte: „Wir wollen ITIL einführen“. Zum Start wurden die Managerposten verteilt. Die Skills und Prozesse des Service Desks passten überhaupt nicht zu den Anforderungen, die die Mitarbeiter des Unternehmens hatten. Dementsprechend war die Akzeptanz nahe Null und bei Problemen wurden die Administratoren, jetzt 2nd Level, direkt angerufen. Im Prinzip keine Änderung, nur mehr Kosten und Unzufriedenheit. Das Projekt ist lange Zeit auf diesem Stand geblieben. Seitdem sind mehr als 10 Jahre vergangen – leider höre ich diesen Satz heute immer noch.

Ich habe ein kleines Hobby: CMS / CMDB. Da entspinnt sich häufig ein ähnliches Gespräch wie dieses:

  • Kunde: „Wir wollen eine CMDB einführen!“
  • Ich: „Warum?“
  • Kunde: „Weil ITIL das sagt.“
  • Ich: „Was soll sich durch die CMDB verbessern?“
  • Kunde: „Da sollen alle Daten drin stehen.“

Es muss zum Beginn eines Projektes klar sein, welches Ziel verfolgt werden soll. Eine gute Frage für die Vorbereitung: „Stellen Sie sich vor, dass Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen, was hat sich gegenüber der Ausgangssituation verbessert.“ Der Erfolg muss erlebbar sein – sonst merkt es keiner.

Genau an der Stelle können Best Practices nicht weiter helfen. Da ist eine Aufgabe des Unternehmens, die Ausgangssituation und Ziele konkret und ehrlich zu beschreiben. Die innere Motivation zählt. ITIL, MOF, TOGAF, USMBOK und wie sie alle heißen, sind nur Werkzeuge auf dem Weg zum Ziel. Sie sind vor allem stumpfe Werkzeuge, wenn die Handwerker nicht über die Bücher hinaus denken. ITIL liefert aus meiner Sicht Idee, worüber man nachdenken sollte, wenn man Dienste erbringen möchte – nicht mehr und nicht weniger. Das reicht auch und ist zusammen mit der einheitlichen Definition der Wörter (Incident, Problem, etc.) schon eine ganze Menge.

Ich könnte an der Stelle noch über das Primat des ITSM-Tools im Gegensatz zu den tatsächlichen Prozessen schreiben, aber das spare ich mir für später auf. Das ist ein Thema für sich allein.

ITIL ist nur ein Aspekt

Die Mitarbeiter in und außerhalb der IT wissen in der Regel sehr gut, welche Verbesserungen bzw. Änderungen einen sichtbaren Erfolg bringen, um die Zufriedenheit beider Seiten zu stärken. Das sollte immer der Ausgangspunkt für ein Projekt sein. Die Menschen von vornherein einbinden und ernst nehmen. Sie sind der wichtigste Aspekt. Ich bin ein Freund davon, existente Abläufe, egal ob dokumentiert oder gelebt, als Ausgangsbasis zu nehmen und diese zu verbessern.

Ein IT-Betrieb unterliegt vielen Aspekten, denen es gilt Rechnung zu tragen:

  • das eigentliche unternehmerische Ziel
  • Kundenanforderungen – Endkunden des Unternehmens
  • Prozesse des Unternehmens
  • gesetzliche und regulatorische Anforderungen
  • ISO 270001, ISO 20000, etc.
  • Outtasking oder -sourcing / Multisourcingstrategie

Dementsprechend sind die Dienste, Prozesse und Schnittstellen zu gestalten und und stetig zu verbessern. Insbesondere die ersten drei Punkte der Liste, sind für mich die Leitlinie meines Handelns. ITIL, TOGAF, OBASHI und andere sind dabei tolle Hilfsmittel, die ich gern nutze. Allerdings genau so, wie ich sie in der konkreten Situation benötige.

Ich habe viele Themen angerissen, um zu zeigen, worum es in diesem Blog gehen soll und was meine Passion ist. Die einzelnen Punkte werde ich mit der Zeit vertiefen. Nun aber ist die Diskussion zu diesem Artikel eröffnet – ich bin gespannt auf Eure Meinung. Was sind Eure Erfahrungen? Was hat Euch geprägt?

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Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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