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Was ich in den ersten 4 Wochen als IT-Leiter gelernt habe

Ich habe die Seiten gewechselt: Seit April bin ich in der Rolle des CIO für einen Firmenverbund tätig. Was ich in den ersten vier Wochen gelernt habe, erfährst Du heute - und ich erzähle Dir etwas über meinen beruflichen Werdegang.


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Studiert habe ich Informationstechnologie an der Berufsakademie. Wie Du vielleicht weißt, handelt es sich dabei um ein duales Studium. Das bedeutet, dass Theorie und Praxis sich abwechseln und zu dem Studienplatz noch ein Arbeitsvertrag bei einem Unternehmen gehört.

Dort habe ich Administration von der Pike auf gelernt. Mit allem was dazu gehört. Durch den Weggang eines Mitarbeiters war ich schon im zweiten Semester für alles in der IT verantwortlich, außer für das ERP System. In den drei Jahren habe ich sehr viel gelernt und ich durfte noch viele Jahre davon profitieren.

Nach dem Studium habe ich wenige Monate für eine Bank gearbeitet. Leider ging mir da alles zu langsam voran, so dass ich mich nach etwas Neuem umgesehen habe. Das fand ich auch ziemlich schnell und habe noch in der Probezeit gekündigt.

Von Anfang an

Eine neue Aufgabe fand ich in einem weltweiten Logistikkonzern. Das Ziel war der Aufbau einer Infrastruktur für einen ausgegründete Tochtergesellschaft und die Abnabelung von der Mutter. Eine wirklich spannende Aufgabe. Angefangen von der Konzeption über die Implementierung bis dann zum 3rd-Level Support.

Bis hierher immer aus der technischen Sicht. In dieser Zeit beim Logistikkonzern hatte ich dann erste Berührungspunkte mit dem Service-Management. Der klassische Weg: ITIL Foundation, ITIL Service Manager und dann ein Projekt im Unternehmen: Einführung von ITIL. Dabei habe ich gelernt, wie es nicht geht – das kannst Du an anderer Stelle nachlesen

In diese Zeit fallen auch eine ganze Reihe internationale Projekte. Mein Arbeitgeber erwarb einige andere Logistikunternehmen in USA und England. Diese galt es zu integrieren. Auch dabei durfte ich sehr viel lernen. Insbesondere über die kulturellen Eigenheiten der Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt.

Ich hatte in meinem Projekten Kollegen aus Deutschland, Tschechien, Malaysia, England und den USA. Auch sprachlich habe ich mich da sehr viel entwickeln dürfen. Es war manchmal schon so weit, dass ich in Englisch träumte und mit den deutschen Zöllnern, ohne es zu merken, Englisch sprach.

Du kennst bestimmt den Spruch: Wenn es am schönsten ist, soll man gehen. Mein letztes Projekt war ein absolut geniales PKI-Projekt. Diese hat mir gezeigt, dass zu dieser Zeit mein Herz für die Technik schlug und ich kein Politiker werden wollte.

1. Seitenwechsel

Dementsprechend habe ich die Seiten gewechselt. Ich bin zu einem Dienstleister gegangen und habe dort die Geschäftsbereiche Virtualisierung und Security aufgebaut. Als Pre-Sales-Consultant war ich Geburtshelfer vieler interessanter Projekte. Neben der neusten Technologie spielte immer das Thema IT-Strategie und Service Management eine Rolle. Denn was nutzt die beste Technologie, wenn es an Werkzeugen fehlt, sie zum Nutzen des Unternehmens einzusetzen.

Das habe ich vier Jahre lang gemacht. Die scheinbaren Innovationen der Hersteller wurden immer schneller und mir war noch mehr klar geworden, dass die Technologie nur Mittel zum Zweck sein kann.

Es bot sich an, intern zu wechseln. Ich übernahm ein Team, welches eine Software im Bereich IT-Service-Management herstellt und vertreibt. Auch hier war ich vornehmlich als Business-Developer und Consultant tätig. Ich habe das Konzept des Business Service Management weiterentwickelt und in die Software einfließen lassen.

Ich hatte das Vergnügen die Methodik und Software in Unternehmen einzuführen. Unternehmen auf dem Weg vom Technologieanbieter hin zur Service-Organisation zu begleiten. Das dachte ich zumindest – aber dazu gleich mehr.

Diese Tätigkeit habe ich bis Ende März diesen Jahres (2016) für mehr als fünf Jahre ausgeübt. In dieser Zeit durfte ich wieder verdammt viel lernen. Unter anderem habe ich OBASHI gefunden und damit meine Weg, Services zu beschreiben, Servicekatalog und CMDB aufzubauen. Das kennst Du ja alles schon aus Podcast und Blog – und wenn nicht, dann hör einfach in ein paar ältere Folgen rein.

2. Seitenwechsel

Es war eine tolle Zeit – aber Du weißt ja, wenn es am schönsten ist – und so weiter. Auch dieses Mal habe ich mich bewusst für einen Seitenwechsel entschieden. Seit April arbeite ich für eine Holding, die Beteiligungen an insgesamt 15 Unternehmen hält. Ich habe die Rolle des IT-Leiters in der Holding. Mein Ziel ist der Aufbau eines internen Service-Brokers für alle Unternehmen der Gruppe.

Das heißt, wir werden Serviceleistungen am freien Markt einkaufen und diese zu geschäftsfokussierten Services für die einzelnen Unternehmen „komponieren“. Einige wenige IT-Funktionen wird es direkt in der Gruppe geben. Dazu werden der Support, das Demand- und natürlich Provider-Management gehören.

Der erste Tag

Mit meiner vielfältigen Vergangenheit fühlte ich mich der Aufgabe gewachsen. Bis der erste Tag kam.

Ich meine, als Berater denkt man, man kennt die Welt, weiß was die IT-Leiter dieser Welt bewegen und hat darauf natürlich die passende Antwort.

Die Realität sieht aber ganz anders aus.

Als Berater siehst Du immer nur einen Teil der Realität. Du bist fokussiert auf ein bestimmtes Thema. Dem ordnest Du alles unter. Wenn Du ein guter Berater bist, dann macht das Dein Kunde auch. Zumindest solange das Projekt läuft und Du da bist.

Als IT-Leiter bist Du für den kompletten Stack verantwortlich. Um mal in OBASHI zu sprechen: von der Infrastruktur bis zum Prozess. Ja, bis zum Prozess – dazu gleich mehr.

Und natürlich für die Sicherheit, Deine Mitarbeiter, die Zufriedenheit der Nutzer, die der Geldgeber und bestimmt noch viele andere Dinge.

Das durfte ich gleich am ersten Tag lernen. Ich war kaum durch die Tür und schon mit einem Problem (im itil-ianischsten Sinne des Wortes) betraut, welches für viel Unzufriedenheit sorgte.

Zu den vielen anderen Dingen gehören auch die Projekte mit IT-Bezug. Anders ausgedrückt: Die Umsetzung von Anforderungen in IT-Systeme, Anwendungen und letztlich Services. Also eine ganz andere Welt als das Service Management. Für das Business genauso wichtig, wahrscheinlich kurzfristig viel wichtiger. Die IT läuft ja.

Es zeigt sich sehr schnell, dass vorausgesetzt wird, dass die IT läuft. Service-Management interessiert nur ganz, ganz wenige. Werkzeuge, die Du für das Service-Management benötigst, interessieren auch nur peripher.

Ist im Grund nicht schlimm – man muss es nur wissen.

Zurück zum Prozess.

Ich glaube, dass es in vielen Unternehmen kein explizites Prozessmanagement gibt. Es gibt häufig das QM-Handbuch, in dem es eine Prozesslandkarte gibt und einige wichtige Prozesse irgendwie beschrieben sind.

Aus meiner Sicht ist ein Prozessmanagement für erfolgreiche Projekte genauso wichtig wie für eine zuverlässige und geschäftsorientierte Service-Erbringung. Weil, nur so rechtfertigt sich überhaupt eine Projekt oder die Existenz eines Service.

Nur wenn ein Geschäftsprozess dokumentiert und modelliert ist, kannst Du schauen, an welchen Stellen er von IT unterstützt werden kann. Neudeutsch heißt das ja jetzt: Digitalisierung.

Nur wenn ein Prozess modelliert ist, kannst Du ihn messen. Das ist die Grundlage für den Vergleich von Prozessänderungen und damit die Optimierung. Und letztlich für die Senkung der Prozesskosten bei gleichbleibendem Durchsatz oder gleichbleibende Kosten bei steigendem Durchsatz.

Damit ist Prozessmanagement ein entscheidendes Thema. Ein Thema, bei dem Du als IT-Leiter eine führende Rolle übernehmen darfst.

Wenn man es weiß, dann ist es ok

Meine drei wichtigsten „Learnings“ zusammengefasst:

  1. Das Aufgabenspektrum reicht von I wie Infrastruktur bis B wie Business-Prozess. Mit allen denkbaren Ausprägungen auf den einzelnen Ebenen.
  2. Projekte haben die Aufmerksamkeit des Managements – IT muss ansonsten funktionieren.
  3. Prozessmanagement ist ein Kernthema für Dich als IT-Leiter. Damit darfst Du Dich auseinandersetzen, wenn Du erfolgreich sein möchtest.

Was folgt jetzt für mich daraus?

Ich habe vier Kernprozesse für die aufzubauende IT der Holding definiert:

  • Demand-Management – also Anforderungsmanagement, Erstellung von Lastenheften, Begleitung der Lösungsauswahl und des Anbieters
  • Projektmanagement – die Steuerung der Umsetzungsprojekte und der Übergang aus dem Projekt in den Betrieb sowie die Service-Architektur
  • Service Desk – inklusive Incident-, Problem- und Changemanagement in Koordination mit den Providern
  • Providermanagement – die Überwachung und Steuerung der Provider, SLA-Management und Reporting

Dazu gehören natürlich noch einige Stützprozesse wie: Service-Portfolio-Management, Asset- und Lizenzmanagement, Kapazitäts- und Verfügbarkeitsmanagement sowie Reporting und Financial Management. Um die wichtigsten zu nennen.

Daraus ist ein Projekt entstanden, welches knapp 40 verschiedene Arbeitspakete hat. Das Ziel steht fest: zum 1.1. nächsten Jahres (2017) geht der interne IT-Service-Broker an den Start. Ich bin gespannt, was ich alles auf dem Weg erleben und lernen werde.

Wenn Du möchtest, dann werde ich weiter im Podcast und Blog darüber berichten. Schick mir dazu bitte Dein Feedback an robert@different-thinking.de oder kommentiere hier unter dem Beitrag!

 

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Robert Sieber
 

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um echte Serviceorientierung zu dauerhaft zu etablieren. Robert Sieber vertritt einen pragmatischen und geschäftsfokussierten Weg für Service-Management. Als Berater sind für ihn gesunder Menschenverstand und offene Kommunikation wichtiger als Frameworks und Best Practices.

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